von Patrick Senn | 17.10.2013 | Kommentare, Medienwelt
Natürlich birgt die Geschichte auch nicht ein kleines Quentchen Relevanz. Ausser, dass sie zeigt, wie heute auf einigen Nachrichtenportalen Journalismus betrieben wird.
«Sie ist Leos neue Liebe» titelt blick.ch am 15. Oktober. Kat Torres sei die neue Geliebte des Hollywood-Schwarms, der die Frauen so schnell wechsle, wie man gar nicht guken (sic!) könne. Und im Lauftext: «Kat Torres (24) bestätigt gegenüber der brasilianischen Zeitung «Extra» die Beziehung zum Schauspieler. Er sei «einfach wunderbar», schwärmt sie.»

Eine Bestätigung würde heissen: Die Information stammt von woanders her, Frau Torres hat nun erklärt: Ja, diese Information ist wahr.
Zwei Tage später dann eine neue Geschichte: «Lügen haben lange Beine». Torres, so die neue Überschrift, habe die Lüge nur erfunden. Quelle dafür: Das Umfeld von Leo Di Caprio, aus dem verlautet, das Modell sei wohl auf der Suche nach einem neuen Modell-Vertrag
.
Das traurige darin: Die Verluderung der journalistischen Sitten. Am Dienstag wird eine Geschichte ins Netz gehievt, ganz offensichtlich ohne jede Doppel-Check-Recherche. Der Leserschaft wird erst noch suggeriert, die Geschichte sei nicht nur behauptet, sondern gar «bestätigt». Zwei Tage später holt die Realität die Journalisten ein, die freimütig über ihr Versagen berichten – wahrscheinlich haben sie noch gar nicht bemerkt, dass die Lügengeschichte auf sie zurückfällt.
Übrigens: Ob die Version Di Caprios der Wahrheit entspricht, hat blick.ch natürlich nicht recherchiert. Warum sollte man auch?
von Patrick Senn | 03.10.2013 | Kommentare
Schön, wenn sich Chefredaktoren mit der Qualität der Medien auseinandersetzen. Noch besser, wenn Sie dabei nicht einfach jede Kritik in den Wind schlagen, wie das nach der kritischen Rede von Bundespräsident Ueli Maurer am Verlegerkongress und der Präsentation des Jahrbuchs über die Qualität der Medien durch die Uni Zürich wieder mal passierte.
Blöd nur, wenn der besagte Chefedaktor es dann in seinem Editorial nicht schafft, 55 Zeilen lang ohne Fehler zu bleiben. So macht er aus der CLUB-Moderator Karin Frei kurzerhand «die grottenschlechte Moderation von Karin Lanz».
Wie ging der noch? Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen? Man mag einwerfen, dass der Schaden sich in Grenzen halte, wenn solches in der WERBEWOCHE geschehe. Nur eben: Wenn der Chef nicht mal die Namen der Kollegen aus der Branche richtig wiedergeben kann: Wie steht’s wohl dann um die Qualität der anderen gebotenen Inhalte?
von Patrick Senn | 28.05.2013 | Kommentare, Medienwelt, Politik
Es war ein denkwürdiger Abend gestern in Brüssel: Die EU-Aussenminister im Streit über die Syrien-Frage. Keine Verlängerung der Sanktionen, die Ende Mai auslaufen, England und Frankreich, die ankünden, sie werden den Rebellen in Syrien Waffen liefern. Das kann einerseits in Syrien einige Dinge wesentlich ändern. Und andererseits zeigt es, dass die Europäische Union unfähig ist, eine gemeinsame Aussenpolitik zu definieren in so wichtigen Fragen.
Gut für Sie, wenn Sie gestern Abend das HEUTE JOURNAL im ZDF gesehen haben. Dort nämlich wurden Sie informiert, siebeneinhalb Minuten insgesamt (einverstanden, die Minutage alleine sagt noch nichts über die Qualität), mit einer Live-Schalte zu Korrespondent Udo van Kampen, der deutliche Worte findet und das liefert, was man als geneigter Zuschauer von einem Nachrichtenmagazin erwartet: Einordnung, Orientierung, so, dass man als Zuschauer verstehen kann, was ist. Danach dann noch ein hervorragendes Nachrichtenstück, das zeigt, wie der Syrien-Krieg dabei ist, zum Flächenbrand im mittleren Osten zu werden: Libanon, der Irak, die Türkei: überall steigt die Temperatur gefährlich an.
Zur gleichen Sendezeit auf 10VOR10: Zwei Sätze von Moderatorin Daniela Lager: Zuerst: Es sei die Stunde der Wahrheit, hätten die Rebellen gegenüber den EU-Aussenministern verlauten lassen, und erneut Waffen für den Krieg gefordet. Dann: Die Debatte darüber habe heute nach stundenlangen Debatten ergebnislos geendet. Und damit Übergang zu einer Reportage über hypothetische Giftgasangriffe, mit einem französischen Reporter als Kronzeugen. Und dann: Kriegskinder in Syrien. Emotional, natürlich, aber relevant? Nein.
Kein Wort aber davon, dass mit dem Nicht-Entscheid in Brüssel England und Frankreich jetzt Waffen an die Rebellen liefern werden. Kein Wort davon, dass sich mit dem Scheitern in Brüssel ein neues Kapitel auftut im Syrien-Konflikt. Keine Einordnung, keine Orientierung.
Nichts dessen, was man von einem öffentlich-rechtlichen Sender, mit Empfangsgebühren finanziert, erwarten dürfte.