Klagen wegen «schlechter Presse»? Das kann auch nach hinten losgehen

Klagen wegen «schlechter Presse»? Das kann auch nach hinten losgehen

Klagen wegen schlecher Presse?

Soll man bei medialen Beleidigungen juristisch vorgehen? – Wir meinen: Solange es lediglich um den eigenen Stolz geht: Besser nicht.

Gleich in zwei Fällen zeigt sich innert kürzester Zeit, dass medienrechtliche Schritte oftmals das Gegenteil dessen erreichen, was sie sollen, und die Reputation nur noch mehr beschädigen. Gegen Medien oder Autoren vorzugehen, sollte deshalb immer gut überlegt sein.

Fall 1.

Ein Bündner Ex-Richter fühlt sich beleidigt

Das jüngste Beispiel dazu ist der Bünder ex-Verwaltungsrichter, welcher vor rund drei Jahren eine Gerichtspraktikantin vergewaltigt haben soll. Der Richter wurde im November 2024 erstinstanzlich verurteilt, es gilt aber bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung. Was war passiert? Der Fall wurde bereits zwei Jahre früher publik, im Dezember 2022. Damals hatten zeitgleich die SONNTAGSZEITUNG, die SÜDOSTSCHWEIZ und das Justizportal INSIDE-JUSTIZ über die Vorwürfe berichtet. In letzterem Medium hatte anschliessend ein Leserbriefschreiber den Beschuldigten als «arroganten Grosskotz» bezeichnet, woraufhin dieser eine Stafanzeige gegen den Leserbriefschreiber und den Chefredaktor von INSIDE JUSTIZ einreichte.

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Gerichtsverfahren und auch Strafbefehle sind öffentlich

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Journalisten halten zusammen

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Klagen führen oft zu mehr negativer Publizität und sind kontraproduktiv

Das Verfahren gegen den Chefredaktor wurde rasch eingestellt, ein halbes Jahr später wurde der vermeintliche Leserbriefschreiber – ein 72-jähriger Mann in Chur – wegen übler Nachrede verurteilt. Letzterer Vorgang fand schweizweit breite Abdeckung auch in publikumsträchtigsten Medien wie TAGES-ANZEIGER oder 20 MINUTEN. Sie alle berichteten unter ausführlicher Nennung der Vorwürfe – was Medien auch straffrei dürfen: Die wahrheitsgemässe Berichterstattung über Gerichtsverfahren (und Strafbefehle gehören dazu) ist erlaubt. Resultat: Die mutmassliche Beleidigung wurde nun plötzlich hunderttausendfach publiziert und weiterverbreitet. Den ursprünglichen Leserbrief hatten wahrscheinlich nur ein paar hundert Leute überhaupt zur Kenntnis genommen (er war von der Redaktion von INSIDE JUSTIZ nach kurzer Zeit gelöscht worden, und INSIDE JUSTIZ ist eine kleines Medium, das vor allem von Juristen und Journalisten gelesen wird), mittlerweile kennt die halbe Schweiz den Vorwurf.

Screenshots: Sowohl der TAGESANZEIGER wie auch 20 MINUTEN – zwei der reichweitenstärksten Schweizer Medientitel, berichteten über das Verfahren und verbreiteten die Vorwürfe weiter.

Bild: Ausschnitt aus der Strafanzeige (zitiert nach INSIDE JUSTIZ)

Fazit 1:

Ein klassisches Eigentor. Und die Erkenntnis, dass Strafanzeigen gegen Medien oder auch Leserbriefschreiber gut überlegt sein sollten. Insbesondere, wenn man selbst im Glashaus sitzt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass unter Medienschaffenden häufig eine Solidarität über die eigene Redaktion hinweg herrscht und sich die Kolleginnen und Kollegen untereinander häufig kennen und gut vernetzt sind: Wer sich mit einem Medientitel anlegt, legt sich mit den Medienschaffenden insgesamt an. Und das dürfte in den wenigsten Fällen eine erfolgsversprechende Strategie sein.

Fall 2.

Minister Habeck greift zum Zweihänder

Das zweite Beispiel betrifft den deutschen Wirtschaftsminister und Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck. Zur etwa gleichen Zeit wurde bekannt, dass ein Twitter-User ein Meme (eine Karikatur) weitergeleitet hatte, die das Bild von Habeck zeigte und darunter, im Design und mit Logo des Haarprodukteherstellers «Schwarzkopf», den Schriftzug «Schwachkopf». Habeck gab die beleidigte Leberwurst und reichte Strafanzeige an. Die Strafverfolgungsbehörden (Staatsanwaltschaft und Gericht) in Bamberg, für ihre rüde Unterwanderung der Meinungsäusserungsfreiheit landesweit bekannt, ordnete eine Hausdurchsuchung bei dem Twitterer an. Bei dem Mann handelt es sich um einen älteren Herrn und Vater einer Tochter mit Trisomie 21.

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David-Goliath-Prinzip: Aus einer Machtposition heraus vorzugehen bringt keine Sympathiepunkte

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Dünnhäutigkeit zeugt nicht von politischer Stärke

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Anzeigeerstatter wird auch für unverhältnismässiges Vorgehen der Behörden direkt verantwortlich gemacht

Die völlig verhältnislose Hausdurchsuchung am Morgen früh kurz nach sechs wurde zu einer landesweiten Geschichte und von allen einschlägig bekannten Polit-Influencers auf Twitter, Youtube, Instagram und TikTok rauf und runtergenudelt. – Habeck, der als Kanzlerkandidat der Grünen eigentlich grad’ dringend auf Sympathiepunkte angewiesen wäre, wurde zum Buhmann. Erst recht, als auskam, dass er während seiner Ministerzeit schon über 800 Strafanzeigen wegen Majestätsbeleidigung eingereicht hatte. Strafverfolgungsbehörden und Gerichte müssten sich mit Banalitäten herumschlagen, die halt zum politischen Alltag gehörten, statt dass sie sich den tatsächlich gefährlichen Straftätern zuwenden könnten, argwöhnten die einen. Die Obrigkeit könne nicht mit Kritik umgehen, es herrschten in Deutschland Zustände wie in autokratischen Systemen, monierten andere. Vor allem wurde auch hier das ursprüngliche Meme wohl hunderttausendfach weiterverbreitet, es wurden T-Shirts bedruckt mit Sprüchen wie «Schwachkopf… ich darf’s nicht sagen, aber Du weisst schon, wer gemeint ist» u.ä.

Fazit 2:

Ein komplettes Eigentor auch hier. Das eigentlich harmlose Meme, das eine PEP (Politisch exponierte Persönlichkeit) eigentlich locker wegstecken sollte, wird zum Symbol für einen dünnhäutigen Minister, der lieber missliebige Bürger strafrechtlich verfolgt, statt sich um seine eigentliche Aufgabe als Wirtschaftsminister zu kümmern und dafür zu sorgen, dass Deutschland aus der selbstverschuldeten Rezession findet.

Quintessenz 

 

Natürlich muss man sich nicht alles bieten lassen. So wird wohl kaum ein Medienschaffender kritisch darüber berichten, wenn sich exponierte Personen z.B. bei konkreten Drohungen zur Wehr sitzen («Ich weiss, wo Du wohnst», «Ich kenne Deine Kinder», etc.). Dünnhäutigkeit im politischen Diskurs wird aber nicht als Zeichen der Stärke wahrgenommen, im Gegenteil. Und juristische Schritte aus einer Position der Macht («Goliath») gegen einen einfachen Bürger (« David») bringen keine Sympathie, für viele Medien und Soziale Medien aber einen guten Aufhänger, um die inkriminerten Vorwürfe im Rahmen der Berichterstattung über die rechtlichen Schritte weiter zu verbreiten.

Mein Vater sel. pflegte in solchen Situation treffend zu sagen: «Was kümmert es den Mond, wenn ihn ein Hund anbellt.» Etwas mehr von dieser Contenance wäre häufig die vernünftigere Strategie als der Gang zum Rechtsanwalt.

Wie die Swiss uns für dumm verkaufen will

Wie die Swiss uns für dumm verkaufen will

Der kommunikative Absturz der Swiss

Zunächst war es lediglich ein Post auf LinkedIn, unterdessen auch längst wieder gelöscht. Dennoch machte der Ärger von Bulgari-CEO Jean-Christophe Babin die Runde. Fast 20 Artikel sollten es am Ende werden, ausgehend von der Handelszeitung.ch über  blick.ch,  watson.ch bis zu finews.ch. Adressat des Frusts: die deutsche Fluggesellschaft SWISS. Grund des Frusts: Grottenschlechte Qualität.

«Bulgari-Chef geht wegen der Swiss in die Luft», war einer der Titel, oder dann: «Das einzige Geschäft, in dem Inkompetenz nicht bestraft wird» – wie in der Handelszeitung. Diese hatte als erste bemerkt, wie Babin ordentlich über die Fluggesellschaft Swiss ablästerte, die früher mal eine schweizerische und für Qualität bekannt war, seit sie zur Lufthansa-Gruppe gehört, aber laufend mit negativen Schlagzeilen über unzufriedene Kunden in der Presse ist. Als Passagier sei man eine «Geisel der Inkompetenz und Arroganz», zog auch Babin vom Leder, die Swiss sei eine der teuersten Fluggesellschaften der Welt, dafür bekäme man einen durchschnittlichen Service, alte Flugzeuge und schlechtes Essen.

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Der Frust muss angestaut gewesen sein, und dass Babin einfach einen schlechten Tag hatte, kann ausgeschlossen werden. Denn er ist Mitglied im Vielfliegerprogramm «Senators auf Lebzeiten», wie die HANDELSZEITUNG schreibt. Mit anderen Worten: Ein Key Account Kunde. Das Fass zum Überlaufen gebracht hatte vermutlich eine Erfahrung seiner Frau, die einen Flug gebucht hatte und eben einmal drei Stunden vor Abflug erst erfahren hatte, dass die Verbindung gestrichen worden war. Ersatzlos. Eine Alternative habe es erst am späten Nachmittag des Folgetages gegeben. «Eine totale Schande für die Fluggesellschaft», zitieren die Zeitungen genüsslich Babins Wutausbruch.

Und Babin blieb mit seinem Frust nicht lange alleine. Andere Manager doppelt nach. Grosses Thema: Doppelt verkaufte Sitzplätze – in der Hoffnung, einer der Passagiere würde dann schon nicht erscheinen. Blöd nur, wenn beide kommen. Dann muss einer auf den Flug verzichten. Klar: Das mögen Manager mit engen Zeitplänen nicht wirklich. Der Höhepunkt des Bashings: ein Manager, der schreibt, er habe sich letztes Jahr selbst in einem Post darüber geäussert, dass SWISS mit ihrem grottenschlechten Service gerade dabei sei, ihre Marke zu zerstören. Daraufhin sei ihm «von einem leitenden Direktor aus der Schweiz» beschieden worden, dass ihm der negative Post «egal» sei.

Die Medienstelle der SWISS versucht offensichtlich nicht einmal mehr, den Schaden einzugrenzen. Karin Montani, Leiterin der Medienstelle, wird in der HANDELSZEITUNG mit der Aussage zitiert: «Den Post können wir aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht kommentieren. Wir machen grundsätzlich keine Aussagen zu unseren Kundinnen und Kunden ohne deren Einverständnis.» – Es ist das Eingeständnis des kommunikativen Vollversagens – sowohl im Kunden- wie im Reklamationsmanagement.  Natürlich gibt es keinerlei datenschutzrechtliche Gründe, auf die öffentlich geäusserte Kritik eines unzufriedenen Kunden zu reagieren. Es ist nicht nur nicht verboten, eine Reaktion wäre geradezu angezeigt, um zu retten, was noch zu retten ist. – Ausser natürlich, wenn sowie schon die Devise gilt: «Ist der Ruf erst ruiniert, lebt’s sich gänzlich ungeniert.»

Kommunikatives Vollversagen: Swiss-CEO a.i. Heike Birlenbach (links), Medien-Chefin Karin Montani (rechts)

Die kommunikativen Lehren

Was angemessen gewesen wäre

Zunächst empfiehlt es sich, auf einen Post wie den von Babin umgehend direkt auf dem Social Media Kanal zu reagieren. Ob das durch die Medienstelle erfolgt oder den Kundendienst, bleibe dahingestellt. Wie figura zeigt, ist aber bei Kritik durch Prominente auf jeden Fall damit zu rechnen, dass die Kritik von den Medien aufgenommen wird. Eine Entschuldigung und einige Sätze des ehrlichen Bedauerns sind deshalb auf jeden Fall angebracht. Dem sollte eine persönliche Kontaktaufnahme folgen, und zwar nicht durch eine subalterne Stelle. Sondern auf Augenhöhe. Wenn der CEO einer weltweit tätigen Uhrenmarke sich beklagt, kann die Entschuldigung nur vom CEO respektive von der CEO der Fluggesellschaft kommen. Ja, Reklamationsmanagement kann manchmal Chefsache sein.

Der Schreibende kann sich noch gut erinnern, wie er vor gefühlten 20 Jahren äusserst unzufrieden war mit einem Vorgang bei der Swisscom und sich beim damaligen Swisscom-CEO Jens Alder persönlich beschwerte. Völlig unerwarteterweise schrieb Alder persönlich zurück – oder, sagen wir: kam eine Antwort von Alders E-Mail Account und war von ihm persönlich unterzeichnet. Alder bot eine mehr als faire Geste der Wiedergutmachung an, mit dem Resultat, dass der Schreibende noch heute Kunde bei der Swisscom ist und seit Jahren (zu)viel Geld für das eigentlich überteuerte Mobiltelefon-Abo bezahlt.

Wenn der Kunde sich im Unrecht befindet

Tatsächlich gibt es immer wieder Fragen, wie auch medial damit umgegangen werden kann, wenn Kunden bei ihren Reklamationen nur die Hälfte der Geschichte erzählen und gefliessentlich den Teil auslassen, der die Geschichte in einem anderen Licht erscheinen lassen würde. – Wenn sich beispielsweise herausstellen würde, dass Babins Frau lediglich ein «Standby»-Ticket hatte und damit keinen Anspruch auf einen Platz im Flieger. Nicht, dass dies gemäss den bekannten Informationen der Fall gewesen wäre – aber spielen wir den hypothetischen Fall  beispielhaft durch.

In einer solchen Situation verbietet es sich tatsächlich, die Kundin öffentlich blosszustellen. Das Problem lässt sich aber einfach umgehen, indem von dem konkreten Fall abstrahiert wird. Beispiel: «Zu konkreten Kundenverhältnissen kann ich Ihnen aus Gründen des Datenschutzes keine Auskunft geben. Generell kann ich Ihnen aber sagen, dass solche kurzfristige Absagen Kunden mit Standby-Tickets betreffen. Solche Tickets sind sehr günstig, beinhalten aber das Risiko, dass man einen Flug nicht wahrnehmen kann.»

Die Technik kann auch verwendet werden, wenn z.B. aus Gründen des Amtsgeheimnisses eine Medienanfrage nicht konkret beantwortet werden kann. Unser klassisches Schulungsbeispiel: Ein arbeitsloser 55-jähriger ehemaliger Personalchef wird von einem RAV zu einem Bewerbungskurs geschickt und beklagt sich in den Medien bitter darüber. Antwort der RAV-Leiterin: «Zu konkreten Fällen darf ich Ihnen nichts sagen, wegen dem Datenschutz. Allgemein gilt aber, dass wir solche Kurse anordnen, wenn jemand, der eine Arbeit sucht, auch nach vielen Bewerbungen und längerer Zeit nie einen Vorstellungstermin erhält. Unsere Erfahrung zeigt, dass dann häufig eine Verbesserung der Bewerbungsunterlagen nach einem solchen Kurs zum Erfolg führt. Und diese Erfahrung gilt übrigens auch für Menschen aus dem Personalwesen.» Mit dieser Antwort hat die RAV-Leiterin das Amtsgeheimnis gewahrt, keine Persönlichkeitsrechte verletzt und doch den Vorwurf in einer Art und Weise gekontert, die dem neutralen Zuhörer eine alternative Sichtweise eröffnet.

Grundbedingung für diese Antworttechnik ist natürlich regelmässig, dass die Organisation, an der Kritik geäussert wird, ein moralisch-ethisch korrektes Geschäftsgebaren an den Tag legt und es sich bei den Kritikpunkten um Ausreisser handelt. Falls das nicht der Fall ist, kann der Rat nur noch sein, entweder das Ruder herumzureissen (was für den CEO vielleicht möglich ist) oder (z.B. als Kommunikationsverantwortliche) das sinkende Schiff noch zu verlassen, bevor der eigene Ruf ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wird.

Denken – Schlücken – Drücken – Sprechen

Denken – Schlücken – Drücken – Sprechen

Denken – Schlücken – Drücken – Sprechen

Lehren aus dem Faux-Pas von Sanja Ameti

Es ist ein altes Militärmotto, das jeder Funker der Schweizer Armee gelernt hat: Denken – schlücken – drücken – sprechen. Entscheidend ist die Reihenfolge. Sie meint: Überleg’ Dir erst, was Du zu sagen hast, bevor Du sprichst.

Es ist ein Motto, das so einigen gut tun würde. Vorab in der politischen Welt. Jüngstes Beispiel: Die 32-jährige Sanija Ameti. GLP-Politikerin, Zürcher Gemeinderätin, Chefin der «Operation Libero», Juristin, ewige Doktorantin, Mitarbeiterin der PR-Agentur Farner in Zürich und Grossmaul. So machte sie schon in der Vergangenheit mit saloppen Sprüchen Schlagzeilen, etwa, als sie in einer TV-Sendung über die SVP-Poltiker Albert Rösti und Hans-Ueli Vogt sagte: «Die kann ich mir nicht schöntrinken.» Ameti weiss: Klappern gehört zum Geschäft. Wer in den Medien wahrgenommen werden will, muss bisweilen provozieren. Das tat sie regelmässig, und weil sie auf der «richtigen» Seite steht (sprich: linksliberale Positionen vertritt), wurde sie alsbald Liebkind der Medienschaffenden.

Zumindest bis letzte Woche. Da postete Ameti auf Twitter, wie sie als Sportschützin übt. Nach einem Schiessstand sieht die Umgebung nicht aus. Ameti schiesst auch nicht auf eine F-, B- oder A-Scheibe, wie Sportschützen das in aller Regel tun. Sondern auf ein Bild, das Maria mit dem kleinen Jesus zeigt. Die Einschusslöcher sind deutlich zu sehen. Zu dem Post schreibt sie: «Abschalten».

Der Shitstorm folgte auf den Fuss. Als der BLICK letzte Woche nachfragt, ob sie sich bewusst sei, dass sie damit womöglich religiöse Gefühle von Menschen verletze, löscht Ameti den Post umgehend und entschuldigt sich. In 20MINUTEN wird sie mit der Aussage zitiert:

 «Als Vorlage für das 10-Meter-Schiessen habe ich Motive gebraucht, die genug sichtbar sind. Ich hatte nur den Koller-Katalog zur Hand, der gross genug war. Auf den Inhalt der Bilder habe ich nicht geachtet. Das war nicht richtig. Tut mir von Herzen leid, falls ich damit jemanden verletzt habe!»

Aktuell findet sich auf ihrem Twitter-Profil lediglich noch die folgende Nachricht:

«Ich bitte um Vergebung bei den Menschen, die durch meinen Post verletzt wurden. Ich habe diesen sofort gelöscht, als mir der religiöse Inhalt bewusst wurde. Ich habe nichts dabei überlegt. Es tut mir unglaublich Leid.»

Gleichwohl ging der Faux-pax viral. Und das international. «In Switzerland, a muslim politician used Baby Jesus for target practice and posted it on Instagram – people like her embolden Muslims to attack Europeans. This is a hate crime», schreibt Stella Birdie. Schweizer Politikerinnen fordern Ametis Rücktritt aus allen politischen Ämtern. Ihre Partei, die Grünliberalen, distanzieren sich. Die EU-integrationsfreundliche Operation Libero, deren Präsidentin Ameti ist: sie schweigt.

In Kommentarspalten und Zeitungsartikeln wird fleissig diskutiert, ob man so naiv und sich der Bedeutung eines solchen Posts nicht bewusst sein könne. Oder ob Ameti gezielt habe provozieren wollen und der Schuss nun einfach, quasi buchstäblich, nach hinten los ging. Den meisten erscheint die Rechtfertigung Ametis als wenig glaubwürdig. Gaudenz Freuler, ein emeritierter Professor für Kunstgeschichte, hält Ametis Aussagen in der Zeitung 20 MINUTEN für eine «faule Ausrede». Religionswissenschafter Andreas Tunger-Zanetti findet an selber Stelle: «Das zeugt von schlimmer Unkenntnis und Ignoranz, die einer Politikerin schlecht ansteht.» Und: «Egal, ob religiös oder nicht, schon das Schiessen auf menschliche Darstellungen finde ich höchst fragwürdig.»

Besonders brisant: Auch Jürg Grossen, Parteipräsident der GLP Schweiz, nimmt ihr die Entschuldigung nicht ab. Im BLICK lässt er sich mit der Aussage zitieren: «Das war eine vorsätzliche Provokation.»

Weltweiter Shitstorm

 

Die Ausschnitte aus X (früher Twitter) zeigen, wie hoch die Wellen schlugen und wie die Affäre rasch auch weltweit Beachtung fand. Der Vorgang zeigt, dass religiöse Motive im Rahmen des tobenden Kulturkampfes heikler sind denn je. Von Personen in politischen, sportlichen oder gesellschaftlichen Führungsrollen muss deshalb erwartet werden können, dass sie sich dieser Problematik und ihrer Verantwortung bewusst sind und nicht leichtfertig mit dem Feuer spielen. Wer das nicht versteht, hat in einer solchen Rolle nichts verloren.

Die kommunikativen Lehren

Zum ersten (und das schreiben wir hier nicht zum ersten Mal):

Social Media Posts sind gefährlich. Besonders, wenn die Impulskontrolle versagt und einfach wild gepostet wird. Egal, ob bewusste Provokation oder dümmliche Naivität: Der Shitstorm, dessen finale Konsequenzen noch nicht abschätzbar sind, wäre zu vermeiden gewesen, wenn Ameti getan hätte, was wir allen raten, die auf Social Media posten: Schaltet zur Qualitätskontrolle einen «Produzenten» zwischen. Eine Person, die jeden Beitrag «abnimmt», bevor er online geht. Die kritisch hinterfragt: Ist es jetzt schlau, so etwas zu posten?

Zum zweiten:

Bei allem Drang zur Selbstdarstellung: Nicht alles muss ins Netz und online gehen. Wir plädieren für eine neue Kultur der Demut und der Selbstbeschränkung.  «Content is king», aber richtig verstanden. Will heissen: Weniger BlaBla und heisse Luft, dafür mehr Substanz. Inhalte statt Verpackung. Relevanz statt Popanz. Die Schiessübungen der Möchte-Gern-Politikerin haben im Netz genau so wenig verloren wie die Hochzeit der Industriellentochter, bei der sich primär der Herr Papa inszeniert.

Zum dritten:

Die schöne neue Welt birgt das Risiko der Selbstüberschätzung. Jung, attraktiv und frech reichen heute aus, um von den Medien wahrgenommen zu werden. Und eine positive Medienwahrnehmung reicht häufig genug aus, um in der Politik in Amt und Würden zu gelangen. Auf der Strecke bleiben Bildung, Wissen und (Führungs-) Erfahrung.

Nur: Früher oder später wird die fehlende Substanz sichtbar. Die deutschen Spitzenpolitiker lassen grüssen: Ob Ricarda Lang, Kevin Kühnert, Saskia Esken oder Katrin Göhring-Eckert: Die Generation der Studienabbrecher und Langzeitstudenten ohne Abschluss beweist aktuell grad deutlich, dass die Substanzdefizite früher oder später zum Vorschein kommen und zum Bumerang werden. Das gilt auch für Ameti: Ein gutes Buch über die Kulturgeschichte Europas wäre das bessere Investment in die politische Zukunft gewesen als eine Combat-Übung im Stile einer IS-Terroristin.

IOC-Krisenmanagement: Nicht qualifiziert

IOC-Krisenmanagement: Nicht qualifiziert

IOC Krisen-kommunikation:

Aus schon in
der 1. Runde

 

Wäre Krisenkommunikation ein olympischer Wettbewerb, das Internationale olympische Komitee wäre darin kläglich gescheitert und wohl bereits in der ersten Runde sang- und klanglos ausgeschieden.

 

Eine Analyse

IOC-
Krisen-
kommunikation

Aus schon in
der 1. Runde

 

Wäre Krisenkommunikation ein olympischer Wettbewerb, das Internationale olympische Komitee wäre darin kläglich gescheitert und wohl bereits in der ersten Runde sang- und klanglos ausgeschieden.

 

Eine Analyse
Die Olympischen Spiele 2024 in Paris sind vorbei. Die Diskussionen darüber dürften noch einige Zeit nachhallen. Das gilt insbesondere für die Krise rund um das olympische Frauen-Boxturnier, das in zwei Gewichtskategorien von Athletinnen gewonnen wurde, die womöglich genetisch keine Frauen, sondern Männer sind. Das IOC und dessen Präsident Thomas Bach wurden in dieser Krise durch die International Boxing Association regelrecht vorgeführt. Die Krise hat aber auch deutlich die Interessenskollisionen aufgezeigt zwischen den Bemühungen um die maximale Inklusion aller Vertreterinnen von verschiedenen Geschlechtsvarianten und dem Anspruch auf faire Wettbewerbsbedingungen in den Frauen-Disziplinen.

 

 

Die nachfolgende Analyse geht in verschiedenen Kapiteln  auf die einzelnen Aspekte der Krise ein. Es sind dies:

# Einleitung

# Es geht noch schlimmer: Die Vorgeschichte

# Der Sachverhalt gerät zum Puzzlespiel

# Hohes Testosteron oder nicht?

# Die Tatsachen kommen scheibchenweise ans Licht

# IOC und IBA liegen sich seit Jahren in den Haaren

# World Boxing als neuer Player

# Und noch ein Player enthüllt Unglaubliches

# Die medizinische Seite

# Die Medienlage: Delikat

# IOC: Kein Krisenmanagement

# Das IOC wider die wissenschaftliche Erkenntnis

# IOC-Krisenkommunikation: Nicht qualifiziert

# Der IOC-Präsident macht alles noch viel schlimmer

# Fazit

 

Das Debakel begann schon mit der Eröffnungsfeier: Die Neuinszenierung des «letzten Abendmahls» als queeres Schauspiel geriet konservativen christlichen Kreisen komplett in den falschen Hals. Sie sprachen von Blasphemie und kritisierten die Organisatoren über Tage, bis sich das IOC schliesslich entschuldigen musste.

Schon hier glänzte die Krisenkommunikation nicht. Zunächst räumte das IOC ein, die Anlehnung an das Bild «Das letzte Abendmahl» von DaVinci sei ein Fehler gewesen. Später dann versuchte man sich damit zu retten, dass die Szene eigentlich gar nicht auf das letzte Abendmahl referenzierte, sondern auf das Gemälde «Fest der Götter» des niederländischen Malers Jan van Bijlert.

Na was denn nun? – Krisenkommunikation, die nicht einmal die Fakten kennt?

Es geht noch schlimmer: Die Vorgeschichte

Als noch unfähiger beweist sich das Krisenmanagement des IOC in der Kontroverse um zwei Boxerinnen, die an den Kämpfen teilnehmen, obwohl sie von ihrem eigenen Verband IBA vor einem Jahr gesperrt worden waren. Der Skandal entbrannte, als die Italienische Boxerin Angela Carini ihren Kampf gegen die Algerierin Imane Khelif nach 46 Sekunden aufgab, weinend auf dem Boden sass und anmerkte, das sei nicht fair.

Carini spielte damit (auch wenn sie das einen Tag später bestritt) darauf an, dass umstritten ist, ob Imane Khelif tatsächlich eine Frau ist. Von der Kämpferin kursieren nicht nur Bilder, auf denen sie von einer Mehrheit der Betrachter wohl zweifelsfrei als Mann eingeschätzt würde. Khelif hatte vor einem Jahr bei den WM-Titelkämpfen in New Dehli einen Geschlechtstest nicht bestanden und war damals vom Weltverband «International Boxing Association» IBA disqualifiziert worden – genauso wie auch die Taiwanische Kämpferin Lin Yu-ting.

Die damalige Entscheidung wurde von Vorstand des IBA bestätigt, das Protokoll dazu ist im Internet frei zugänglich. Klarheit schafft es allerdings insofern nicht, dass es lediglich von «Tests» spricht, die von zwei unabhängigen Labors in zwei verschiedenen Ländern durchgeführt worden seien und die gemäss Massgabe der Reglemente ergeben hätten, dass die beiden getesteten Personen nicht «berechtigt» seien, an dem Frauenturnier zu boxen. Was aber genau getestet wurde, erschliesst sich aus dem Protokoll alleine nicht.

Mann oder Frau? Dieser Bilder von Imane Khelif kursierten insbesondere im Internet, um die Frage zu stellen: Kann es sich bei Imane um eine Frau handeln?

Der Sachverhalt gerät zum Puzzle-Spiel

Immerhin lässt sich aus dem Reglement, auf das die IBA verweist, eine These bilden. Auf Seite 9 der «IBA Technical & Competition Rules» findet sich nämlich die Definition, was der Verband unter «Women/Female/Girl» versteht: «Ein Individuum mit XX Chromosomen.» Und: «Boxer können einem Gendertest unterzogen werden, um das zu überprüfen und die Berechtigung für die Teilnahme an einem IBA Wettbewerb festzustellen.»

Es liegt deshalb nahe, dass die Geschlechtstests von Khelif und Yu-Ting zum Ergebnis gekommen sein mussten, dass die beiden nicht den weiblichen XX-Chromosomensatz haben, sondern einen XY-Satz – und damit männlichen Geschlechts sind. Dafür gibt es weitere Indizien.  Zum einen kursieren im Netz und in den Medien Zitate des IBA-Präsidenten Umar Kremlev, gemäss denen der Russe ausgesagt haben soll, die Athleten hätten einen XY-Chromosomensatz. Die Aussagen lassen sich allerdings nicht verifizieren.

Hohes Testosteron oder nicht?

Nach den Aussagen der IBA selbst soll ein anderes Kriterium, das in der Vergangenheit schon für die Geschlechterüberprüfung verwendet wurde, hier nicht zugezogen worden sein. Und zwar die Testosteron-Werte.  In einer Mitteilung der IBA vom 31. Juli 2024, also mitten in der laufenden Krise, hält diese nämlich fest, dass die Athleten «keinem Testosterontest» unterzogen worden seien. Die Kommunikation der IBA in diesem Punkt erscheint allerdings nicht konsistent. Immer wieder tauchen nämlich Zitate von Repräsenanten der IBA auf, in denen von erhöhten Testosteronwerten die Rede ist.

Gemäss der ersten IBA-Kommunikation wurden die Ergebnisse in «einem separaten und anerkennten Test, dessen Spezifika vertraulich gehandhabt würden» erhoben. In einer ergänzenden Kommunikation am 5. August 2024 ist dann explizit von «Bluttests» die Rede. Die IBA führt an diesem Tag eine Medienkonferenz durch und veröffentlicht noch einmal ein ausführliches Statement, in dem es den Ablauf rund um die Disqualifikation detaillierter schildert. Die konkreten Testergebnisse der beiden Athletinnen werden weiterhin mit Verweis auf die Persönlichkeitsrechte nicht publiziert, aber mit Nachdruck darauf verwiesen, dass die Tests dem IOC zugestellt worden waren. Auch das Faksimilie einer IOC-Empfangsbestätigung geistert in den Social Media herum, in welcher der IOC-Vertreter darum bittet, die Einverständniserklärungen der Athletinnen für die Durchführung dieser Tests nachzureichen.

Figure 1 from “Divergence in Timing and Magnitude of Testosterone Levels Between Male and Female Youths” by Senefeld, Coleman, Johnson et al. JAMA, 7 July 2020.

Die Grafik zeigt, dass die Wertebereiche von Testosteron von jungen Männern und Frauen sich nicht überlappen, sondern zwischen auch zwischen hohen weiblichen und tiefen männlichen Testosteronwerten noch eine imense Differenz liegt. 

Vgl. zu diesem Thema: https://quillette.com/2024/08/03/xy-athletes-in-womens-olympic-boxing-paris-2024-controversy-explained-khelif-yu-ting/

Die Tatsachen kommen scheibchenweise ans Licht

Schon zwei Tage zuvor war ein Artikel des amerikanischen Fach-Journalisten Alan Abrahamson auf 3wiresports.com deutlicher geworden. Er schreibt dort am 3. August 2024, es lege ihm ein Schreiben der IBA vom 5. Juni 2023 vor, indem der Box-Verband das IOC über die Testresultate von Khelif informiert habe – dabei sei es explizit ausschliesslich um Khelif und nicht um Yu-Ting gegangen.

Die Testresultate des Labors hätten diesem Schreiben beigelegen und in dem Schreiben sei auch explizit darauf Bezug genommen worden, dass die IBA Boxerinnen über den weiblichen Chromosomensatz XX definiere.

Abrahamson beschreibt auch, wie die IFA bei den Weltmeisterschaften in Jahr 2022 in Istanbul zum ersten Mal Tests durchgeführt hatte, die bereits zu denselben Resultaten gekommen, damals aber noch ohne Konsequenzen geblieben waren. Der Grund?

Die Resultate waren erst im Nachgang des Wettbewerbs eingegangen. Die neuen Tests im März 2023 bestätigten die Resultate. Vermutlich hatte sich die IBA aber tatsächlich auf dünnem Eis bewegt.

Die oben bereits zitierten Reglemente, die vorsehen, dass nur Trägerinnen des XX-Chromosomensatzen bei Frauenturnieren boxen können, und dass der Verband Tests durchführen kann, um dieses Kritierum zu überprüfen, wurden erst im Mai 2023 und damit nach der Disqualifikation der beiden Athletinnen eingefügt.

Das ist insofern nachvollziehbar, als in dem Vorstandsprotokoll der IBA nachzulesen ist, dass ein Vorstandsmitglied dort gefordert hatte, dass die Regeln für die Frauenwettbewerbe genauer gefasst würden.

Nicht uninteressant dürfte dabei auch eine weitere Information der IBA sein, die sie aber nicht weiter kontextualisiert. Der Weltverband hält an mehreren Stellen fest, dass weder Lin Yu-Ting noch Imane Khelif den Entscheid der IBA an ein Sportgericht weitergezogen hätten, obwohl sie dieses Rechtsmittel gehabt hätten. Und das macht aus taktischer Sicht für die beiden Sportler durchaus Sinn. Warum?

IBA und IOC liegen sich seit langem in den Haaren

Als die beiden Sportlerinnen disqualifiziert worden waren, lagen die IBA und das IOC bereits über Kreuz. Das IOC hatte den IBA als Fachverband schon 2019 nicht mehr anerkannt und auch nicht mehr mit der Durchführung des Boxturniers an den Olympischen Spielen in Paris betraut.

Die Zulassungskriterien für Paris sahen keine Überprüfung des Geschlechts vor, was 2023 bereits bekannt war. – Die beiden Athletinnen, oder Athleten, konnten also davon ausgehen, dass sie in Paris würden teilnehmen können. Ob das IOC daran hätte festhalten können, falls das Sportgericht zum Schluss gekommen wäre, die beiden seien als Männer nicht im Frauenturnier teilnahmeberechtigt gewesen?

Andere Sportler, beispielsweise die Transsexuelle Schwimmerin Lia Thomas, hatte gegen die Suspendierung des Schwimmverbandes am Internationalen Sportgericht geklagt, war mit ihrer Beschwerde aber abgewiesen worden und wurde deshalb für den Frauenwettbewerb in Paris dieses Jahr nicht zugelassen.

Als Grund für den Streit zwischen IOC und dem Boxverband gab das IOC an, die Finanzierung sei intransparent, Governance und Kultur mangelhaft. Dem Verband wurde in der Vergangenheit Korruption vorgeworfen, Hintergrund dieser Anschuldigungen dürfte aber auch sein, dass IBA-Verbandspräsident Umar Kremlev dem russischen Präsidenten nahesteht. Der Verband hatte beispielsweise 2023 trotz des Kriegs in der Ukraine bei der Weltmeisterschaft auch russische Athleten zugelassen, was zu Protesten verschiedener Landesverbände geführt hatte. Einer der Hauptsponsoren des Verbandes ist zudem der russische Gazprom Konzern. In den klassischen wie in Social Media Posts wird immer wieder darauf aufmerksam gemacht, die IBA sei ein Instrument Putins.

Das alles bringt eine zusätzliche und politische Dimension ein, ist doch bekannt, dass man im Kreml und in Russland nur den Kopf schüttelt über den westlichen Wokeismus mitsamt der von immer mehr westlichen Regierungen propagierten Gender-Selbstbestimmungs- und Queerpolitik. Dem IOC, das sich voll auf dieser Linie bewegt, musste es deshalb ein Dorn im Auge sein, dass die IBA die biologische Geschlechterfrage als Zulassungskriterium aufbrachte.

Inwieweit der Ausschluss des IBA von Olympia mehr politisch bedingt und als zusätzliche Front gegen Russland zu betrachten als sachlich gerechtfertigt ist, lässt sich am Ende aber nur schwer beurteilen.

Immerhin wehrte sich der IBA gegen den Ausschluss und gelangte ans Internationale Sportgericht in Lausanne, wo die IBA allerdings unterlag. Das Urteil CAS2023/A/9757 ist öffentlich zugänglich und umfasst 120 Seiten. Erledigt ist die Sache allerdings noch nicht: Die IBA hat den Fall weitergezogen. Gleichzeitig nützt auch die IBA die aktuelle Krise an den Olympischen Spielen nach besten Kräften, um Stimmung gegen das IOC zu machen: Es vergeht kaum ein Tag, ohne dass IBA-Repräsentanten in der Öffentlichkeit auftreten und das IOC vorführen.

Bekannt ist auch, dass das IOC sich bemüht, eine Partnerschaft mit einem Konkurrenzverband zum IBA einzugehen.

Wold Boxing als neuer Weltverband

Seit November 2023 ist die «Word Boxing» dabei, sich in aller Eile aufzustellen, um als neuer Weltverband die Durchführung der olympischen Boxturniere zu übernehmen. Interessant: World Boxing hat in ihren vielen Governance Dokumenten auch ein explizites Dokument zum Thema «Gender Equality and inclusion». Darin findet sich aber ausschliesslich BlaBla, eine konkrete Aussage dazu, welche Teilnahmebedingungen eine Person erfüllen muss, um bei den Frauenwettbewerben mitmachen zu können, macht das Dokument nicht – sondern verweist unter dem Kapitel «Transgender Rules» lediglich auf die «Medical Rules», die aber auf der ganzen Internetpräsenz nirgends zu finden sind.

Abgesehen davon, dass es bei dem konkreten Fall um Khelif und Yu-Ting nicht um Transgender, sondern um Fälle von Intersexualität geht, zeigen die Dokumente von World Boxing, dass man sich dort des Themas bisher genau so wenig angenommen hat wie das IOC. Kein Wunder, hat der Präsident von World Boxing, der Niederländer Boris van der Vorst, das IOC in einer Stellungnahme in Schutz genommen.

Und noch ein Player enthüllt Unglaubliches

Brisanter war dafür die Stellungnahme eines anderen Verbandsfunktionärs: Der Präsident der Europäischen Word Boxing Organization, der Ungare István Kovács, soll gemäss einem Bericht des Internetportals REDUXXin der ungarischen Presse ausgesagt haben, dass er das IOC schon 2022 darauf aufmerksam gemacht habe, dass mehrere biologische Männer bei den Frauenwettbewerben mitmachen würden. Er habe bis heute keine Antwort des IOC erhalten. Diese Aussage vom 2. August 2022 wird später in dem Statement der IBA vom 5. August bestätigt.

Kovács war zu diesem Zeitpunkt Generalsekretär bei der IBA. Stimmen die Aussagen des Funktionärs, wussten also sowohl das IOC wie auch die IBA schon seit 2022 um die Situation. Die IBA hat ein Jahr lang einfach zugesehen, das IOC hat sich der Situation bis heute nicht angenommen.

Nur: So brisant die Aussagen von Kovács sind, auch sie stehen in einem Kontext. Er machte die Äusserungen nämlich unmittelbar vor dem nächsten Fight von Khelif, die im Viertelfinale auf Anna Luca Hamori trifft. Und die lebt, wie Kovács, in Ungarn. Andererseits hatte István Kovács die IBA nach nur fünf Viertel Jahren als Generalsekretär «im gegenseitigen Einvernehmen» schon im Sommer 2022 wieder verlassen. Das spricht eher für einen erzwungenen Abgang – und gleichwohl stützt Kovács Aussage die Position der IBA in dieser Angelegenheit.

Die medizinische Seite

Eine weitere Dimension bildet die medizinische Seite. Sie wird von der Forscherin Carole Hooven in mehreren ausführlichen Posts auf X (Twitter) hervorragend beleuchtet. Carole Hooven war Forscherin an der renommierten HarvardUniversity in den USA, hat ihre Arbeitsstätte aber verlassen, weil sie sich der dortigen Cancel Culture nicht mehr länger aussetzen wollte.

Hooven hat ein wissenschaftliches Buch («The story of Testosteron») über die Implikationen von Testosteron geschrieben und kennt den aktuellen Forschungsstand zu der vorliegenden Problematik. Die nachfolgende Zusammenfassung gibt ihre (englischsprachigen) Ausführungen verkürzt wieder.

Hoover räumt ein, dass sie keine klinischen Befunde zu den beiden Athleten habe, schildert aber ein medizinisches Phänomen, das auf den Fall zu passen scheint. Demzufolge ist bekannt, dass es Träger von XY-Chromosomen (also «biologische Männer») gebe, die an einer DSD leiden – einer Störung der geschlechtlichen Entwicklung («Disorder of Sex Development»). Das seien Männer, die Hoden hätten, wenn auch unter Umständen nicht sichtbar im Körperinneren.  

Durch die Hoden hätten sie auch entsprechend hohe (männliche) Testosteron-Werte. Wenn aber z.B. ein «5-alpha reductase deficiency» (5-ARD) vorliege, würden Babys, wenn sie auf die Welt kämen, aufgrund ihrer äusseren Geschlechtsmerkmale durchaus als Mädchen angesehen und entsprechend sozialisiert.

Der 5-ARD-Gendefekt würde dabei dafür sorgen, dass die Umwandlung von Testosteron in DHT unterbunden würde – DHT ist für die Entwicklung der primären Geschlechtsmerkmale «zuständig».

Menschen mit dieser genetischen Anlage würden deshalb oft als Mädchen aufwachsen, in der Pubertät würde das ansteigende Testosteron dann aber gleichwohl dafür sorgen, dass sie plötzlich männliche Züge entwickelten. Oft, wenn überhaupt, würde das 5-ARD-Syndrom auch erst zu diesem Zeitpunkt erkannt. Medizinisch ausgewiesen ist hingegen, dass diese – verkannten – Männer sehr wohl eine männliche Pubertät durchlaufen und dadurch auch die im Sport relevanten körperlichen Vorteile eines männlichen Athleten ausformen.

Hoovens Erläuterungen sind gut geeignet, die Vorgänge rund um die Boxerinnen zu erklären – wenn man die Hypothese aufstellt, dass die beiden Athletinnen in Tat und Wahrheit tatsächlich über den männlichen XY-Chromosomensatz verfügen.

Genau eine Bestätigung für diese Information fehlt indes. Imane Khelif behauptet zwar auf ihrer X(Twitter)-Seite, sie habe XX-Chromosomen. Einen Beleg dafür bringt sie allerdings nicht bei, obwohl sie damit die Kontroverse natürlich ziemlich rasch beenden könnte und gemäss Aussagen der IBA auch selbst über die Testresultate verfüge.

Die Medienlage: delikat

Die bisherigen Ausführungen zur Lage deuten bereits auf einen äusserst komplexen Sachverhalt. Dazu kommen die medialen und politischen Implikationen. Der Boxkampf zwischen Carini und Khelif hat weltweit für Aufsehen gesorgt hat. Die Social Media-Plattformen X und TikTok quellen über, erwartungsgemäss sind viele Posts nicht sonderlich differenziert, dafür umso polemischer: Auf der einen Seite beklagen die Kritiker der gesamten Gender-Debatte, dass der Fall nunmehr aufzeige, wohin das alles führe: «Dass ein Mann auf eine Frau einschlägt wird an den Olympischen Spielen nicht mit Gefängnis bestraft, sondern mit einer Medaille belohnt», heisst es von dieser Seite. Die Gegenseite behauptet, Khelif sei eine CIS-Frau, sei als Frau geboren, habe immer als Frau gelebt und sei einfach die bessere Boxerin gewesen. Es sei unerhört, dass ihre Integrität dergestalt angegriffen werde. Dass für keine der beiden Positionen belastbare Belege vorliegen, vermag die Debatte nicht einzudämmen – im Gegenteil.

Aber nicht nur an der Basis rumorts. Auch die Prominenz meldet sich zu Wort: Die italienische Ministerpräsidentin Georgia Meloni spricht von einem unfairen Kampf und setzt sich für ihre Landsfrau ein. Die Harry Potter-Autorin und Kritikerin des Transgender-Aktivismus Joanne K. Rowling wehrt sich für die Rechte und den Schutz der biologischen Frauen. Die UN-Beauftrage gegen Gewalt an Frauen und Kindern meint, das IOC müsse über die Bücher, Elon Musk retweeted Posts, die den Untergang des Abendlandes kommen sehen. Donald Trump findet: «Hält Männer von Frauenwettbewerben fern.» Amnesty dafür schlägt sich auf die Seite der Algererin.

Die klassischen Medien reagieren unterschiedlich. BLICK und BILD kommentieren anfangs die Kämpfe als unfair, halten sich anschliessend allerdings mit ihrer Berichterstattung auffallend zurück. 20MINUTEN passt seine Berichterstattung über die Zeit an: In den ersten Artikeln fährt die Redaktion vollkommen die «woke Schiene» – und kassiert dafür rekordschlechte Qualitätswerte durch das Publikum. Die Zeitung wird daraufhin mit den Wertungen zurückhaltender, bevor sie dann wieder auf die alte Schiene zurückkehrt. Die Zeitung

Aber auch andere Publikationen verfallen vollkommen einer Seite, als Beispiel dafür sei auf einen Text der VOGUE verwiesen (erstmals erschienen, interessanterweise, in der italienischen Ausgabe). Der Text schlägt sich vollständig auf die Seite der algerischen Athletin, obwohl die Kontroverse ja erst durch den Kampf gegen eine italienische Boxerin so richtig aufgekommen war.

Darauf, dass belastbare Belege aktuell schlicht nicht vorliegen, verweisen nur wenige Medienbericht. Dafür werden auf beiden Seiten teilweise absurde Argumente angeführt – beispielsweise, wenn das deutsche Portal NIUS die grosse Story darin wittert, dass das Geburtszertifikat, das Khalefs weibliches Geschlecht ausweist, ein Datum aus dem Jahr 2018 trägt. Dass Geburtszertifikate manchmal nachträglich bei den Behörden bestellt werden, aus den bei der Geburt eingetragenen Daten des Zivilstandsregisters ausgelesen und dann in ein Zertifikat eingepflegt werden, das dann auch das aktuelle Datum trägt, scheint den Machern von NIUS unbekannt zu sein – und die These, der algerische Staat hätte hier die Fakten gefakt, um im Boxen an eine Medaille zu kommen, erscheint ohne weiteren Beleg dann doch etwas sehr steil.

Gleichwohl: Die Berichterstattung zeigt ein typisches Phänomen: Wenn die Informationslücken von denjenigen, die direkt involviert sind, nicht gefüllt werden, dann schiessen Gerüchte und Spekulationen ins Kraut. Ein bekanntes Phänomen in allen Krisenlage.

IOC: Kein Krisenmanagement?

Die Thematik der verschiedenen Geschlechteridentitäten ist auch beim IOC durchaus angekommen. Im November 2021 publizierte das Komitee ein Positionspapier zu «Fairness, Inklusion und Nicht-Diskriminierung auf der Basis von Genderidentität und Geschlechtsvarianten». Dem Papier vorausgegangen sei eine zweijährige Konsultationsphase mit über 250 Athleten und anderen Stakeholdern. Eine Zusammenfassung findet sich hier.

Das Positionspapier, als «Rahmen» definiert, weist die Verantwortung für die Zugangsbestimmungen zu den Wettbewerben primär den einzelnen Sportverbänden zu. – Mit dem Argument, dass es keine Kriterien gebe, die geeignet seien, über alle Sportarten hinweg Fairness herzustellen. Deshalb stellt das IOC einfach 9 Kriterien (mit weiteren Unterkriterien) auf, welche von den Verbänden in ihren Disziplinen zu berücksichtigen seien.

Nur: Die Vorgaben widersprechen sich zum Teil heftig und atmen den Geist einer Wokeness, die es allen recht machen will und die schlicht nicht zu erfüllen sind.

Beispiele gefällig? In Punkt 3 geht es um Zulassungskriterien:

In Punkt 3.3 heisst es: Kriterien, um unverhältnismässige Wettbewerbsvorteile zu bestimmen, können Tests der Leistungsfähigkeit oder körperlichen Kapazitäten eines Athleten vorsehen. Kein Athlet soll aber Gegenstand eines Tests sein, mit dem das biologische Geschlecht, die Geschlechtsidentität oder auf Geschlechtsvariationen getestet werde.

In Punkt 4.1 heisst es dann wiederum unter «Fairness»: Wenn Sportorganisationen Zulassungsbedingungen für Männer- und Frauenwettkämpfe definieren, dann sollten sie das tun im Hinblick darauf, dass kein Athlet in einer Kategorie unfaire oder unverhältnismässige Wettbewerbsvorteile habe. Gleichzeitig darf aber von einem Athleten auch nicht verlangt werden, dass er in einer Kategorie mit einer anderen Geschlechtsidentität antreten muss als derjenigen, nach der er konsistent und persistent gelebt hatte.

Und so geht es weiter, bis in Punkt 9 dann auch noch festgehalten wird, dass die Persönlichkeitsrechte zu wahren seien und beispielsweise Daten zur Bestimmung, ob eine Person bei den Männern oder Frauen antreten soll, nur mit dem Einverständnis der betreffenden Person erhoben werden dürfen («informed consent»). Entsprechend dürfen auch die Ergebnisse nur mit dem Einverständnis des Athleten öffentlich gemacht werden.

IOC-Krisenkommunikation: Nicht qualifiziert

Die Bewältigung einer Krise geht nicht ohne professionelle Kommunikation. Das IOC hat am Donnerstag, den 1. August 2024 erstmals ein Statement veröffentlicht. Es ist an Unprofessionalität kaum zu überbieten. Warum?

Zunächst hält das Statement fest, dass die Zulassung zum Frauenboxturnier einzig auf der Angabe im Reisepass basiere. Das zeigt bereits, dass das IOC nicht auf der Höhe der Zeit ist und es ihm offenbar entgangen ist, dass verschiedene Staaten in den letzten Jahren dazu übergegangen sind, beim registrierten (und damit auch im Reisepass ausgewiesenen) Geschlecht einzig auf die Selbstdeklaration einer Person abzustellen. Hätte Mike Tyson beispielsweise die schweizerische Staatsbürgerschaft, könnte er sich ohne Weiteres als Frau eintragen lassen, einen entsprechenden Reisepass bestellen und schliesslich am nächsten Olympischen Frauenboxturnier als Michaela teilnehmen. – So und nicht anders muss man auf jeden Fall das Statement des IOC interpretieren. In Deutschland besteht diese Möglichkeit mit der Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes ebenso. Dieses erlaubt es allen in Deutschland, einmal pro Jahr das Geschlecht zu wechseln.

Im Weiteren besteht das Statement des IOC vor allem aus Vorwürfen. Zuerst behauptet das IOC, «man habe Berichte gesehen mit irreführenden Informationen über zwei Athletinnen, die an den Olympischen Spielen 2024 in Paris teilnehmen.» Um dann aufzuzählen, dass die beiden Boxerinnen schon in früheren Jahren an Frauenboxturnieren teilgenommen hätten – was aber auch von niemandem bestritten worden war. Welche Informationen angeblich irreführend gewesen sein sollen, benennt das Statement nicht. Ein Fehler. Wenn Falschinformationen gerügt werden, müssen diese selbstverständlich auch konkret benannt werden.

Dann macht das IOC dem Boxverband IBA massive Vorwürfe: «Die zwei Athletinnen wurden Opfer einer unvermittelten und willkürlichen Entscheidung der IBA. Gegen Ende der IBA Weltmeisterschaft 2023 wurden sie plötzlich und ohne angemessenen Prozess disqualifiziert.»

Mit dieser Kommunikation verstösst das IOC gegen zwei weitere goldene Regeln der Krisenkommunkation: Zuerst: Werfe keinen Dreck auf andere. – Den schwarzen Peter einfach weiterzugeben, wird vom Publikum nicht goutiert.  Man mag den Disqualifizierungsprozess, wie ihn die IBA durchgeführt hatte, für problembehaftet betrachten. Gleichwohl: Zum ersten ist es einfach nur peinlich, wenn zwei Weltverbände in der Öffentlichkeit schmutzige Wäsche waschen. Zum zweiten kann auch die Kritik an der IBA nicht zudecken, dass das IOC gemäss dem Statement seit Jahren um die Problematik wusste und insbesondere auch wusste, dass die Disqualifikation der beiden Athletinnen anlässlich der WM in New Delhi keineswegs unvermittelt und willkürlich erfolgte, sondern – immer gemäss den Aussagen der IBA –  am Ende eines längeren Prozesses erfolgte, über den das IOC ins Bild gesetzt worden war. Demgegenüber erscheint es, dass das IOC schlicht seine Hausaufgaben nicht gemacht hatte.

Ins selbe Kapitel geht übrigens auch, dass der Twitter-Account IOC-MEDIA irgendwelche Posts retweetet von Genderbewegten, welche für die Algerierin Position beziehen. Damit wird die Kontroverse zusätzlich angeheizt statt eingedämmt. Komplett absurd.

Weiter schreibt das IOC: «Die aktuelle Aggression gegen die beiden Athletinnen geht einzig auf das unfaire Vorgehen der IBA zurück.» Auch in diesem Satz zeigt sich die Blindheit der Kommunikationsverantwortlichen beim IOC. Nach Tausenden von ausgewerteten Posts in den Social Media für diese Analyse kommt man zum Schluss, dass die Aggressionen eines Grossteils des Publikums nicht gegen die Athletinnen selbst gerichtet sind, sondern gegen das IOC und seine Unfähigkeit, mit dem Thema angemessen umzugehen und faire Wettbewerbsregeln durchzusetzen.

Das hat das IOC aber ganz offensichtlich verpasst. In einer Medienkonferenz wies IOC-Sprecher Mark Adams auf die Komplexität des Themas hin und dass deshalb gemäss dem Framework die einzelnen Sportverbände die Regeln definieren müssten. Diese Botschaft ist nachvollziehbar. Heisst im Umkehrschluss aber natürlich auch: Wenn das IOC das Boxturnier selbst veranstaltet und die IBA als Fachverband suspendiert, dann ist es am IOC, diese Fragen zu regeln. Aussagen von Adams wie «Sie wurde als Frau geboren, lebt als Frau, boxt als Frau und ist nach ihrem Pass eine Frau» sind da schlicht zu dünn.  Nicht mehr nachvollziehbar hingegen ist seine Aussage: «Da geht es nicht um einen Mann, der gegen eine Frau kämpft. Darin ist sich die Wissenschaft einig.» – Offensichtlich ist das schiere Gegenteil der Fall, wie auch Alex Oller auf insidethegames.biz schreibt.

Der IOC-Präsident macht alles noch schlimmer

Weil sich die Kontroverse durch das unprofessionelle Kommunikationsverhalten des IOC noch weiter ausbreitete, sah sich schliesslich IOC-Präsident Thomas Bach bemüssigt, in die Debatte einzugreifen. An einer Medienkonferenz wiederholte er zunächst die Aussagen von Adams: «Wir reden hier von zwei Frauen, die als Frauen geboren wurden, die als Frauen aufgewachsen sind, die in ihrem Pass als Frauen eingetragen sind und die viele Jahre als Frauen geboxt haben. Und das ist die klare Definition einer Frau.»

Mit dieser unglaublich unbedachten Aussage triggerte Bach selbstredend gleich noch einmal: Zum einen alle Feministinnen, die sich darüber aufregen, dass hier ein alter weisser Mann zu definieren versucht, was eine Frau ist. Zum anderen alle Wissenschafter in dem Gebiet, für die die Frauen-Definition von Bach einfach nur grotesk anmuten muss.

Auch die nächste Aussage von Bach muss für diese Experten wie ein Hohn klingen: «Was wir hier sehen ist, dass einige die Deutungshoheit darüber besitzen wollen, was eine Frau ist. Ihnen kann ich nur sagen, melden sie sich, wenn sie eine wissenschaftlich basierte Aussage dazu treffen können, wer eine Frau ist. Und wie eine Frau, die als Frau geboren, aufgewachsen und mit einem weiblichen Geschlechtseintrag im Pass versehen ist, nicht als Frau betrachtet werden kann.» – Nun, wie unser Abschnitt über die medizinischen Aspekte zeigt, gibt es klare wissenschaftliche Aussagen dazu. Man müsste sich von Seiten des IOCs lediglich darum bemühen und sie zur Kenntnis nehmen.

Im Weiteren war sich auch Bach nicht zu schade, gegen die IBA und Russland zu schiessen und sie einer Diffamierungskampagne zu beschuldigen. Bach sieht einen «Kulturkrieg», an dem sich das IOC nicht beteiligen werde. Dass es das IOC selbst war, das diesen «Kulturkrieg» ausgelöst hat, scheint ihm nicht bewusst zu sein, oder er verdrängt es.

Zum Höhepunkt setzte Bach allerdings an, als er sagte:

«Das hier ist kein DSD-Fall, sondern der Fall einer Frau, die an einem Frauen-Wettbewerb teilnimmt.» Mit diesem Statement schliesst Bach aus, dass es sich bei Khelif um einen männlichen Athleten mit einer Störung der Geschlechtsentwicklung handelt.

Falls diese Aussage korrekt gewesen wäre und das IOC einen entsprechenden wissenschaftlichen Beleg dafür hätte – beispielsweise einen DNA-Test, der das XX-Chromosomenpaar bei der Athletin bestätigt, hätte das wohl die gesamte Debatte beendet – und man hätte sich höchstens noch fragen müssen, warum das IOC diese Information so lange zurückgehalten hatte.

Wenige Minuten später folgt dann aber das Unsägliche: Das IOC korrigiert die Aussage Bachs. Er habe nicht sagen wollen, das wäre kein DSD-Case, sondern es wäre kein Transgender-Case. Und dieses Korrigendum kann jetzt wiederum nicht anders interpretieren lassen als: Es ist ein DSD-Case. – Sonst wäre die Korrektur nicht nötig gewesen.

Damit hat der IOC-Präsident alle seine vorangegangenen ausschweifenden Ausführungen selbst widerlegt. Er hat damit jeden Rest an Glaubwürdigkeit verloren und eigentlich nur noch eine Möglichkeit: So schnell als möglich zurückzutreten.

Fazit

Was sind die Lehren aus dem Fall für jede andere Organisation, die ihr Krisenmanagement professionell aufstellen will?

  1. Risiken nicht verschleppen, sondern angehen

Wie so häufig, hat sich diese Krise angeschlichen. Gemäss den vorliegenden Informationen hatte das IOC schon 2022 Informationen darüber, dass biologische Männer an Frauenbox-Turnieren teilnehmen, mit der Disqualifikation von 2023 durch die IBA war klar ausgewiesen, dass hier ein Issue vorliegt, an dem das IOC nicht vorbeikommt, wenn es an den Spielen in Paris das Boxturnier selbst organisiert. Das IOC ist das Problem so lange nicht angegangen, bis es ihr um die Ohren flog.

  1. Nicht zu Ende gedachte Policies

Das IOC-Framework zur Inklusion ist untauglich und nicht zu Ende gedacht. Es ist das typische Ergebnis davon, dass man es aufgrund fehlender Leadership allen recht machen möchte und nicht sieht, welche Konsequenzen daraus folgen. Wir erleben gerade im Bereich der Reglemente und Policies zur Wahrung der sexuellen Integrität immer noch häufig, dass die Konzepte nur an-, aber nicht zu Ende gedacht sind. Empfehlung: Es hilft, fiktive, aber konkretisierte Fällen einmal durchzuspielen, um zu sehen, ob die Konzepte in der Praxis taugen oder nicht.

Konkret erweist sich die aktuelle Politik des IOC, aus Schutz der Persönlichkeit von Betroffenen auf Geschlechtstests zu verzichten, als praxisuntauglich. Die Olmypische Bewegung muss sich entscheiden: Entweder priorisiert sie faire Spiele, bei denen für die Athletinnen Chancengleichheit gilt. Oder sie stellt die Inklusion von Intersexuellen vor die Fairness (wie sie es aktuell auch tut, nur ohne dass sie den Mut hätte, sich auch offiziell dazu zu bekennen).

  1. Leadership in der Krise – fehlendes Krisenmanagement

Führung in der Krise verlangt Souveranität. Das gesamte Krisenmanagement des IOC ist geprägt von der Auseinandersetzung mit der IBA. Bis hin zum Präsidenten scheinen die Emotionen dem Verstand im Wege zu stehen und eine nüchterne Sicht zu verstellen – nicht nur auf den Sachverhalt, sondern auch auf das eigene Versagen.

Ein erfolgreiches Krisenmanagement erfordert einen Krisenmanagementprozess mit einem Krisenstab, einem etablierten Stabsarbeitsprozess und der dafür notwendigen Infrastruktur. Nichts an der Krisenbewältigung des IOC deutet darauf hin, dass nach den etablierten Krisenmanagement-Standards gearbeitet wird. Das ist dann besonders peinlich, wenn die Organisation anderen Verbänden Verstösse gegen Governance-Prinzipien vorwirft – und sie selbst auch nicht beherrscht.

Gegen den Tunnelblick, in dem das IOC gefangen scheint, hilft häufig eine Aussensicht. Sprich: Berater und Experten, die nicht in eine lange Vorgeschichte verstrickt sind, sondern eine nüchterne und sachliche Lagebeurteilung vornehmen können.

  1. Hinstehen in der Kommunikation

Sind die richtigen Massnahmen gesetzt, gilt es diese zu kommunizieren. Lösungsorientiert, zukunftsgerichtet, wertebasiert. In der Kommunikation steht die eigene Rolle im Zentrum. Nicht die anderer Player. Schon gar nicht geziemt es sich, gegen andere zu schiessen. Das ist schlicht schlechter Stil und wird fast immer zum Bumerang. Fingerpointing auf andere funktioniert nur «off the record», sprich: indem im Hintergrund gezielt Informationen an Personen herangetragen werden, welche diese dann in die Öffentlichkeit tragen.

  1. Ernst der Lage erkennen

Die Kommunikation in Krisenlagen erfordert höchste Konzentration. Einfach mal ein bisschen darauflosplaudern, wie IOC-Präsident Bach das tut, geht gar nicht. Das Risiko, etwas Unbesonnenes zu sagen, ist viel zu gross. Wie der Fall ja auch beweist. Eine professionelle Vorbereitung ist deshalb das A&O. Dazu gehört auch, dass die Leistungsträger, die kommunizieren müssen, körperlich und geistig absolut fit sind und keine Ermüdungserscheinungen zeigen.

Der Streisand-Effekt: Aktueller denn je

Der Streisand-Effekt: Aktueller denn je

Der
Streisand-Effekt

Es gibt diese Wahrheiten, die eigentlich bekannt sind, aber in den entscheidenden Momenten einfach ignoriert werden. Zum grossen Schaden der Betroffenen. Wir erleben das aktuell im Deutschsprachigen Raum gleich mehrfach.

Die Rede ist vom sogenannten Streisand-Effekt. Benannt nach der US-amerikanischen Entertainerin Barbara Streisand. Die hatte sich 2003 sehr über den Fotografen Kenneth Adleman und die Fotoplattform Pictopia.com geärgert. Diese hatten nämlich eine Reihe von Luftaufnahmen der amerikanischen Westküste geschossen und im Internet veröffentlicht. Auf einer der Aufnahme war das Anwesen von Barbara Streisand zu sehen.

Erbost über die Veröffentlichung, klagte Streisand gegen den Fotografen und die Plattform und verlangte USD 50 Mio. Blöd nur: Dass das Bild Streisands Anwesen zeigte, war bis dahin völlig unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung geblieben. Durch die Klage wurde das Bild dann Gegenstand medialer Berichterstattung und im Internet so lange tausendfach geteilt, bis schliesslich jeder wusste, dass es sich um die Villa von Streisand handelte.

Der Fall ging als «Streisand-Effekt» in die Geschichte ein und ist ein gutes Beispiel dafür, dass es manchmal besser ist, den Ball flach zu halten, als sich öffentlichkeitswirksam zu wehren und damit eine Skandalisierung weiter anzuheizen.

Trotz dem Wissen um diesen Effekt geschieht in der Praxis allerdings regelmässig, dass Personen mit juristischen oder kommunikativen Massnahmen weit über das Ziel hinaus schiessen und damit die Eskalation erst recht in Gang setzen. Drei aktuelle Beispiele:

Rassismus-Skandal oder Geschmacklosigkeit im Vollsuff?

Genau ein solcher Streisand-Effekt entwickelt sich im Mai 2024 in Deutschland. Eine bewegte Influencerin hatte auf X ein Video gepostet, auf dem betrunkene Jugendliche oder junge Erwachsene zum Song «L’ amour toujours» von DJ Gigi D’ Agostino die Parole «Deutschland den Deutschen, Ausländer raus» grölten. Die unverpixelten Bilder entwickelten ein Eigenleben.

Die deutsche Mainstream-Presse schoss sich darauf ein, sogar öffentlich-rechtliche Sender wie der WDR waren sich nicht zu blöde, die Bilder unverpixelt zu senden, Bundeskanzler Scholz kommentierte der Vorfall und alle links-grün-Bewegten malten ein Bild, als ob der einfach nur peinliche Vorfall in einem Sylter Club den Beginn eines neuen National-sozialistischen Regimes in Deutschland anzeigen würde. Flugs hiess es, der Song würde an öffentlichen Anlässen wie der Europameisterschaft oder dem Oktoberfest (Das Ende September startet…) verboten. Auf TikTok berichten User, auf Spotify würde allen in Deutschland, die den Song spielen wollen, ein Warnhinweis eingeblendet, dieser Song sei gerade von Rechtsextremisten gekapert worden (Der Vorgang liess sich in der Schweiz nicht nachvollziehen, hier erfolgt kein solcher Einblender).

Resultat? Der Song feiert innerhalb von Stunden bei allen, die mit den aktuellen politischen Verhältnissen in Deutschland unzufrieden sind, fröhliche Urständ und wird zur Protest-Hymne. Unsere Prognose: «L’ amour toujours» ist damit als Sommerhit gesetzt. Dabei hätten es die Deutschen wissen können: Vor einem Jahr reagierten die Dauer-Empörten auf den Song «Layla», in der eine «junge schöne geile» Puffmutter besungen wird. Statt den Song zu ignorieren und ihm damit eine kurze Halbwertszeit zu bescheren, lancierte die Woke-Bewegung eine breite Sexismus-Debatte – und der Song wurde zum Multi-Millionenhit.

Schweizer Richterin lässt kritischen Zeitungsartikel verbieten

In der Schweiz ist die Grünen-Richterin Simone Nabholz vom Zürcher Arbeitsgericht auf den Streisand-Effekt hereingefallen. Entweder von ihrem Medienanwalt schlecht beraten oder selbst beratungsresistent, hat sie gegen einen Zeitungsartikel der WELTWOCHE eine superprovisorische Verfügung verlangt. Und von einer Richterkollegin am Bezirksgericht Meilen prompt recht erhalten.

In dem Zeitungsartikel wurde darüber berichtet, wie sie in der Verhandlungspause schlecht über einen rechtsuchenden Arbeitnehmer und dessen Anwalt geredet hatte und mutmasslich schwer voreingenommen war. Der Arbeitnehmer hatte das Gespräch vermutlich widerrechtlich aufgezeichnet und Nabholz sowie mehrere Zürcher Gerichte bedrohten die Medien, eine Verbreitung von illegalen Aufzeichnungen sei strafbar – was so sakrosankt offenbar nicht gilt, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte sich in der Vergangenheit zumindest schon kritisch über die rigorose Schweizer Gerichtspraxis hinweggesetzt und Urteile aufgehoben.

Statt dass sich Richterin Nabholz in der Zeitung erklärt und entschuldigt hätte, ging sie auf Konfrontationskurs und schaffte es, dass die Geschichte auch noch im TAGES-ANZEIGER, in der SONNTAGSZEITUNG, der WOZ und auf INSIDE-JUSTIZ.CH zum Teil ausführlich breitgetreten wurde. Die Sache dürfte zudem noch nicht ausgestanden sein, hatte die WELTWOCHE doch bereits angekündigt, gegen das richterliche Publikationsverbot vorgehen und sich wehren zu wollen.

Der vermeintliche Coup der Richterin erweist sich damit als Schuss ins eigene Bein. Sie hat nicht nur eine Debatte über die Arbeitsethik der Schweizer Richterinnen und Richter ausgelöst, sondern sich selbst die Karriere wohl für alle Zeiten verbaut.

Österreichs Skandal um «LÜGEN-LENA»

Aber auch Österreich hat seinen Skandal mit Streisand-Effekt. Die Alpen-Republik erlebt im Mai 2024 einen ihrer grösseren Politskandale, seit die Grünen-Spitzenkandidatin Lena Schilling von der linksliberalen Tageszeitung DER STANDARD allerlei Intrigen und falscher Beschuldigungen über sexuelle Belästigungen bezichtigt wird. Schilling soll Poltikerinnen und Poltikern Affären mit Journalisten angehängt haben. Und selbst mit Journalisten angebandelt und sich dann beschwert haben, von diesen belästigt worden zu sein.

Die Spitze der Grünen Partei reagierte auf die offensichtlich gut abgestützte Recherche der Zeitung mit einer kategorischen Verweigerung gegenüber den Vorwürfen Stellung zu nehmen und der Behauptung, es handle sich um eine «Schmutzkübelkampagne» (so nennen die Österreicher eine Schmutzkampagne). Parteipräsident und Vize-Kanzler Werner Kogler sprach an einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz hochemotional von einem «anonymem Gemurkse und Gefurze», später musste er sich für die Wortwahl entschuldigen und räumte ein, das sei «unintelligent» gewesen.

Andere Spitzenpolitikerinnen der Grünen versuchten, die durchaus schwerwiegenden Vorwürfe auf die Sexismus-Schiene zu schieben («über einen Mann hätte man einen solchen Artikel nicht geschrieben») oder als «Privatsache» abzutun. Eine Haltung, die in ganz Österreich so ziemlich niemand teilt.

Resultat: Die Affäre wurde grösser und grösser, weitere Kronzeugen der Anklage meldeten sich. Tage später wurde bekannt, Schilling habe damit geliebäugelt, nach der Wahl zur Linkspartei überzulaufen. Und unterdessen wird im gesamten deutschsprachigen Raum über das «Gossip Girl» berichtet. – Dabei ist allen klar: Hätte Schilling gleich zu Beginn Fehler eingeräumt und Besserung gelobt, die Sache wäre zumindest niemals so gross geworden.

Warum immer wieder?

Stellt sich die Frage: Warum fallen Personen im öffentlichen Leben immer wieder auf den Streisand-Effekt herein und ergreifen hektisch Massnahmen, die kontraproduktiv sind, statt einfach nur «zielorientiert nichts zu tun», wie ein Kollege in solchen Situationen zu sagen pflegt?

1. Keine Distanz
in der eigenen Sache

Wir wissen aus eigenen Mandantenfällen: Der Druck auf eine Person, die öffentlich und medial am Pranger steht, ist riesig. Die Situation wird meist als ungerecht empfunden, weil die Betroffenen sich keiner Schuld bewusst sind oder sonst zumindest die Verhältnismässigkeit als völlig aus dem Ruder gelaufen empfinden – oft durchaus auch zurecht. Der Druck, der ganzen Welt erklären zu wollen, dass die Situation in Wirklichkeit eine ganz andere war, kann kaum nachvollziehen, wer es nie selbst erlebt hat. Hier sind Vertrauenspersonen gefragt, die den Direktbetroffenen helfen, Distanz aufzubauen zu dem Ereignis, das sie so belastet oder traumatisiert.

 

2. Die falschen Berater

Anwälte und auch Kommunikationsberater werden nicht fürs Nichtstun bezahlt, sondern dafür, dass sie Rechtsschriften aufsetzen, Klagen einreichen oder Begehren um Massnahmen stellen. Kommunikationsagenturen wollen sich beweisen, indem sie Medienmitteilungen versenden, mit Journalistinnen sprechen, eine Medienkonferenz organisieren. Wohlverstanden: Es kann durchaus angezeigt sein, solche Massnahmen zu treffen und sich der Öffentlichkeit zu stellen, um weiteren Schaden zu verhindern. Zu oft aber wird reflexartig zu allerlei Aktivitäten geraten, die mögilcherweise genau das Gegenteil von zielführend sind und das Feuer nur zusätzlich anfachen.

 

3. Kein Krisenmanagement

Immer wieder erleben wir Organisationen und Einzelpersonen, die, wenn unter Druck geraten, hektisch und hochemotional hin- und her entscheiden, statt das Ereignis im Rahmen einer sauberen Krisenmanagement-Aufstellung strukturiert anzugehen und abzuarbeiten. Für das Krisenmanagement gibt es etablierte Prozesse wie den Stabsarbeitsprozess, der sich bestens eignet, um mit solchen Situationen umzugehen. Organisationen sind gut beraten, sich in ruhigeren Zeiten einmal mit einem solchen Managementkonzept für die Krise zu befassen, um im Ereignisfall bereit zu sein. Und wer das verpasst hat, dem ist zu empfehlen, im Ereignisfall auf Profis zurückzugreifen, die helfen, einen Krisenfall strukturiert zu begleiten.

 

Mehr Infos

zum Thema «Streisand-Effekt» gibt es auch unter diesem Link:

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