Es war ein denkwürdiger Abend gestern in Brüssel: Die EU-Aussenminister im Streit über die Syrien-Frage. Keine Verlängerung der Sanktionen, die Ende Mai auslaufen, England und Frankreich, die ankünden, sie werden den Rebellen in Syrien Waffen liefern. Das kann einerseits in Syrien einige Dinge wesentlich ändern. Und andererseits zeigt es, dass die Europäische Union unfähig ist, eine gemeinsame Aussenpolitik zu definieren in so wichtigen Fragen.
Gut für Sie, wenn Sie gestern Abend das HEUTE JOURNAL im ZDF gesehen haben. Dort nämlich wurden Sie informiert, siebeneinhalb Minuten insgesamt (einverstanden, die Minutage alleine sagt noch nichts über die Qualität), mit einer Live-Schalte zu Korrespondent Udo van Kampen, der deutliche Worte findet und das liefert, was man als geneigter Zuschauer von einem Nachrichtenmagazin erwartet: Einordnung, Orientierung, so, dass man als Zuschauer verstehen kann, was ist. Danach dann noch ein hervorragendes Nachrichtenstück, das zeigt, wie der Syrien-Krieg dabei ist, zum Flächenbrand im mittleren Osten zu werden: Libanon, der Irak, die Türkei: überall steigt die Temperatur gefährlich an.
Zur gleichen Sendezeit auf 10VOR10: Zwei Sätze von Moderatorin Daniela Lager: Zuerst: Es sei die Stunde der Wahrheit, hätten die Rebellen gegenüber den EU-Aussenministern verlauten lassen, und erneut Waffen für den Krieg gefordet. Dann: Die Debatte darüber habe heute nach stundenlangen Debatten ergebnislos geendet. Und damit Übergang zu einer Reportage über hypothetische Giftgasangriffe, mit einem französischen Reporter als Kronzeugen. Und dann: Kriegskinder in Syrien. Emotional, natürlich, aber relevant? Nein.
Kein Wort aber davon, dass mit dem Nicht-Entscheid in Brüssel England und Frankreich jetzt Waffen an die Rebellen liefern werden. Kein Wort davon, dass sich mit dem Scheitern in Brüssel ein neues Kapitel auftut im Syrien-Konflikt. Keine Einordnung, keine Orientierung.
Nichts dessen, was man von einem öffentlich-rechtlichen Sender, mit Empfangsgebühren finanziert, erwarten dürfte.