Rhetoriktricks für
Medien- Auftritte

Mit diesen Antworttechniken schaffen Sie auch schwierige Interview-Situationen

Wie reagieren Sie professionell auf schwierige Journalisten-Fragen im Interview? Wie umschiffen Sie ungewollte Fragen? Auf dieser Seite stellen wir Ihnen verschiedene ganz konkrete Antworttechniken vor.

Wichtiger Hinweis zu Beginn: Bei allen Vorschlägen in den nachfolgenden Beispielen gehen wir davon aus, dass der Sachverhalt, wie er in der Antwort formuliert ist, der Wahrheit entspricht. Wir raten aus unserer langjährigen Beratungspraxis mit aller Dringlichkeit dazu, im Medienkontext zu keinem Zeitpunkt unwahre Aussagen zu machen. Lügen haben zwar manchmal nicht ganz kurze Beine – aber unsere Beratungspraxis zeigt eines klar: Früher oder später kommen Falschinformationen ans Licht und beschädigen dann ihre Glaubwürdigkeit in einer kaum mehr zu korrigierenden Art und Weise.

Bildhafte Sprache & Storytelling

Medienschaffende lieben Geschichten, Beispiele und bildhafte Sprache.

Beispiel:
Warum sagen Sie, dass Photovoltaik nicht ausreicht für die Energiewende?

Strom hat eine ganz seltene Eigenschaft: Anders als fast alle anderen Produkte können sie Strom nicht oder nur ganz schwer speichern: Sie können keine Flasche Strom kaufen und keine Büchse Strom. Strom muss in dem Moment hergestellt werden, in dem er gebraucht wird. Deshalb hilft uns Sonnenstrom nicht, wenn die Sonne nicht scheint oder von Wolken verdeckt ist.

Eine Büchse Strom oder eine Flasche Strom lösen beim Publikum ein Bild im Kopf aus.

Beispiel:
Warum treten Sie zurück?

Ich habe diese Aufgabe jetzt 10 Jahre gemacht, und es ist, wie wenn Sie mit dem Auto fahren. Als Chaffeur wissen Sie, dass Sie irgendwann wieder an die Tankstelle müssen, weil der Tank leer wird. Ich bin in dieser Situation, dass ich merke, mein Tank ist leer.

Der leere Benzintank eines Autos wird hier als Metapher verwendet für die mentale Energie.

Bild: Alexander Mingl, Wikipedia CC

Wie man ungeliebte Fragen kontert

Unbestätigte oder falsche Informationen zurückweisen.

Beispiel:
«Wir haben recherchiert, dass der tödlich verunglückte Chauffeur die Neigung hatte, Alkohol zu trinken!?»

«Ich höre das zum ersten Mal und ich kenne diesen Chauffeur sehr gut. Natürlich muss die Untersuchung diese Frage abklären, aber gemäss meinem Kenntnisstand gab es zu keinem Zeitpunkt Hinweise in diese Richtung.»

Diese Variante verwenden Sie, wenn ein gewisses Restrisiko besteht, dass die Untersuchung die Recherche der Medien bestätigen kann. WICHTIG: Sich vor seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stellen, ist ehrenwert. Gleichzeitig müssen Sie darauf achten, dass Sie nicht mit einer Aussagen, die sich später als falsch herausstellt, Ihre Glaubwürdigkeit verlieren.

Beispiel :
«Viele Beobachter berichten uns, bei der Wetterlage hätte man nie auf eine solche Bergtour aufbrechen dürfen. Haben Ihre Bergführer den Wetterbericht nicht studiert oder das aufkommende Unwetter unterschätzt?»

«Es ist fester Bestandteil bei der Vorbereitung einer jeder Bergtour, dass die Bergführer die Wettersituation genau studieren. Wir haben klare Regeln. Und die besagen, dass die Sicherheit immer vorgeht und höchste Priorität hat. – Das besagen unsere Prozesse und Regelwerke. Ob diese im konkreten Fall eingehalten wurden, kann ich Ihnen aktuell nicht beantworten – diese Frage muss nun von den Untersuchungsbehörden geklärt werden.»

Diese Variante sieht vor, dass Sie zunächst beschreiben, was alles vorgekehrt ist, dass nichts passieren kann.  Damit zeigen Sie auf, dass Sie die Verantwortung ernstnehmen und alles unternommen haben, um die Sicherheit zu gewährleisten. Warum nun doch ein Unfall geschehen ist, müssen Sie offen lassen, weil es darauf in der Regel (noch) keine Antwort gibt.

Beispiel:
«Es heisst, der Chauffeur hätte am Abend des Unfalls einiges an Alkohol getrunken?!»

«Das ist eine Hypothese, die ich nicht kommentieren kann. Mir ist wichtig, dass wir fair bleiben, auch dem Chauffeur und seinen Angehörigen gegenüber und keine Gerüchte verbreiten. Die Unfallursache wird jetzt ermittelt, bis die Resultate vorliegen, gilt unser Augenmerk der Betreuung der Opfer und ihrer Familien.»

Hypothesen oder Theorien werden als solche «gelabelt», also als das benannt, was sie sind. Sie begründen, dass Sie ungesicherte Informationen nicht kommentieren und gehen dann zu Ihrer (vorbereiteten) Botschaft weiter.

Die falsche Person für eine Frage?
Kompetenz abgrenzen

Im strukturierten 5-Punkte-Vorbereitungsplan für einen Medienauftritt empfehlen wir, sich unter Punkt 2 genau Rechenschaft darüber abzulegen, ob Sie die richtige Person für das angefragte Interview sind. Aber auch wenn Sie das grundsätzlich bejahen und zusagen, kann es gut sein, dass Ihnen Fragen gestellt werden, die zu beantworten Sie die falsche Person sind. – Wenn Sie beispielsweise für eine Frage nicht zuständig sind, sollten Sie sie nicht beantworten. Auch dann nicht, wenn Sie die Antwort wüssten.

Beispiel:

«Wie schwer verletzt sind die Opfer?»

«Ich bin Jurist, kein Arzt, es wäre deshalb nicht seriös, hier zu spekulieren. Was ich Ihnen sagen kann: Wir wissen selbst erst seit heute um 0800 Uhr von dem Unfall. Ich bin sofort zur Unfallstelle gekommen, um mir ein Bild zu machen. Jetzt geht es darum, dass wir die Untersuchungsbehörden nach Kräften unterstützen, um die Unfallursache möglichst schnell zu klären. Und um uns um die überlebenden Opfer und die Opferfamilien zu kümmern.»

Die Technik hier ist es also, die eigene Kompetenz abzugrenzen und die Antwort dann weiterzuführen hin zur eigenen Botschaft, die Sie vorbereitet haben. Diese Technik können Sie immer anwenden, wenn Sie für eine Frage die falsche Ansprechperson sind. Der erste Satz lautet dann wahlweise: «Das kann ich Ihnen nicht sagen, dafür sind die Untersuchungsbehörden zuständig.» Oder: «Das ist nicht meine Aufgabe, das müssten Sie den Staatsanwalt fragen.» usw.

 

Sie können oder wollen eine Frage nicht beantworten?
Auch dafür gibt es eine Technik.

Sie können eine Frage nicht beantworten, weil sie die Antwort nicht wissen? Oder es gibt andere Gründe, warum Sie eine Frage nicht beantworten können, wollen oder dürfen? – Die Technik hier lautet: Frage zurückweisen, aber begründen warum.

«Wieviele Kilowattstunden produziert diese Turbine?»

«Das kann ich Ihnen auswendig nicht sagen. Wichtig ist für uns, dass wir mit allen Turbinen zusammen in der Lage sind, bis zu  2 Megawatt Strom zu produzieren. Und dabei ist immer wichtig zu unterscheiden, zwischen dem, was die Physiker als Leistung bezeichnen – und dem, was wir «Arbeit» nennen. Sie können es mit einem Auto vergleichen: Das kann vielleicht 200 Kilometer pro Stunde fahren – das ist die Leistung. Wenn es tatsächlich in einer Stunde von Zürich nach Bern gefahren ist, dann ist das die Arbeit.»

In diesem Falle fehlte Ihnen schlicht das Wissen. Am besten Sie räumen das ein, bleiben aber nicht dort stehen, sondern überbrücken, indem Sie auf Ihre Botschaft kommen oder Fakten einbringen, die Sie mit Sicherheit wissen.

 

 

Beispiel :

«Wieviel verdienen Sie als CEO?»

«Wir sind ein Familienbetrieb und haben, was das angeht, die konservative Ansicht, dass man über Geld nicht redet. Deshalb möchte ich diese Frage nicht beantworten. Was ich Ihnen sagen kann: Wir haben ein sehr modernes und fortschritliches Vergütungssystem, das gilt aber für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir haben beispielsweise ein Jahreszeitmodell, das allen bei uns viel Flexibilität bietet, ihre eigenen Vorstellung zu verfolgen, beispielsweise, was Ferien angeht oder auch die Anzahl Wochentage, die jemand arbeiten möchte.»

oder:

«Wir haben in unseren Arbeitsverträgen eine Vereinbarung, dass wir unsere Löhne vertraulich halten. An diese Abmachung halte ich mich – ich kann deshalb Ihre Frage nicht beantworten. Wichtig ist uns aber, dass wir ein gesundes Lohngefüge haben ohne jede Exzesse.»

Das Muster heisst also auch hier: Kurze Antwort auf die eigentliche Frage, begründen, warum Sie nichts sagen wollen und dann ab zur eigenen Botschaft. GANZ WICHTIG: Falls der Journalist nachfragt, müssen Sie bei Ihrer ursprünglichen Antwort bleiben und diese wiederholen. Etwa so: «Wie gesagt, wir sind bezüglich der Lohnzahlen konservativ und reden darüber nicht in der Öffentlichkeit.» Sobald Sie auf eine Nachfrage – und sei sie noch so provokativ – eingehen, wird der (Profi-) Journalist Sie in ein Hin- und Her verwickeln, aus dem Sie kaum mehr herauskommen.

Häufig gestellte Fragen

Kann ich eine Frage des Journalisten einfach ignorieren und einfach direkt zur Botschaft kommen?

Wir wissen, dass das von anderen Medientrainern teils so vermittelt sind. Es entspricht allerdings nicht unserer Philosophie. Warum? Zum einen aus Respekt gegenüber dem Publikum: Es erwartet eine Antwort auf die Frage.  Wenn Sie keine Antwort geben, zeugt das von Respektlosigkeit gegenüber dem Publikum. Zum zweiten laufen Sie Gefahr, dass der Journalist nachhakt und Sie bezichtigt, der Frage ausgewichen zu sein. Wenn das in einem Interview mehrfach geschieht, wirken Sie alles andere als souverän.

 

Wie reagiere ich, wenn ich die Antwort auf eine Frage nicht weiss, obwohl ich die wissen müsste?

Auf keinen Fall mit einer Vermutung, die sich dann als unwahr herausstellt – das führt unmittelbar zum Super-Gau. Besser: Seien Sie ehrlich und räumen Sie ein, dass Sie das nicht wissen. Sie können auch dazu stehen, dass Ihnen das peinlich ist, weil Sie das wissen müssten.

Beispiel:
«Ist Norwegen der EU beigetreten?»

«Das ist mir jetzt peinlich, denn das müsste ich wissen – jetzt bin ich aber tatsächlich unsicher – ich sage Ihnen lieber nichts als etwas falsches. Was ich mit Sicherheit weiss: Schweden, das Nachbarland von Norwegen, ist bei der EU dabei, gehört aber nicht zum Euro-Raum: In Schweden bezahlen Sie also immer noch mit schwedischen Kronen.»

 

Kann ich mit einer Gegenfrage antworten?

Wir unterscheiden zwischen Verständnis- und Gegenfragen. Falls Sie nicht sicher sind, ob Sie die Frage richtig verstanden haben: Ja klar, fragen Sie nach.

Beispiel 1:

«Der Bundesrat hat ja schon immer gesagt, er wolle bei der Betreuung von Trennungskindern kein Modell bevorzugen. Jetzt kommt auch die jüngste Studie zum Schluss, dass es keine gesetzliche Anpassung braucht, der Verband der Alleinerziehenden findet das auch. Wie werden Sie jetzt reagieren?»

«Ich bin nicht sicher, wie ich Ihre Frage verstehen soll. Möchten Sie wissen, wie wir auf die Aussage des Alleinerziehendenverbandes reagieren, auf die Studienresultate oder die Aussage des Bundesrates?»

Der Journalist hatte hier eine sog. «Plattformfrage» gestellt, in die er noch ganz viele Informationen gepackt hat und am Ende war nicht restlos klar, auf welchen Aspekt er jetzt seine Frage bezieht. In solchen Fragen empfehlen wir, eine Klärungsfrage zu stellen. Damit signalisieren Sie, dass Sie zugehört haben, dass Sie den Journalisten ernst nehmen und damit auch Verantwortung übernehmen für das Gelingen des Dialoges. – Und dazu gewinnen Sie noch Zeit, um sich die Antwort zurechtzulegen.

 

Beispiel 2:

«Viele Länder in Afrika nehmen ja abgewiesene Asylbewerber nicht zurück. Wie wollen Sie denn bei diesen Rahmenbedingungen die Ausweisungen vollziehen?»

«Ich gebe Ihnen die Frage gerne zurück: Wie würden Sie das denn machen?»

Dieses Beispiel zeigt: Diese Taktik wird nicht gelingen. Der Journalist wird Ihnen entweder sagen: Ich bin ja nicht Politiker, Sie wollen gewählt werden. Deshalb noch einmal: Wie wollen Sie dieses Problem lösen. Oder er sagt Ihnen: «Bleiben wir doch bei der üblichen Rollenverteilung im Interview: Der Journalist stellt die Fragen, Sie geben die Antwort.» Darüber hinaus wirkt eine solche Gegenfrage auch gegenüber dem Publikum nicht als souveräne Antwort.

 

 

Kann ich den Journalisten in den Senkel stellen, wenn er unfair ist?

Wir raten hier zur Zurückhaltung, solange Sie nicht ein ausgebuffter Medienprofi sind und es schaffen, in einer solch’ erregten Situation a.) ruhig zu bleiben und b.) in wenigen Sätzen auch für das Publikum klar und deutlich machen können, worin die Regelverletzung des Journalisten besteht.

Als Beispiel sei hier der Auftritt des damaligen SVP-Nationalrats Christoph Mörgeli in der RUNDSCHAU des SCHWEIZER FERNSEHEN erwähnt. Sie finden Ihn hier. Mörgeli hat durchaus einen Punkt und die Berichterstattung der RUNDSCHAU in der Sache war weder stringent noch fair. Gleichwohl gewinnt Mörgeli keine Sympathien, weil er zu emotional ist und die (zugegebenermassen schwierige) Aufgabe nicht meistert, in aller Kürze nachvollziehbar und belegbar auszuführen, warum hier ein Komplott gegen ihn im Gange ist.

Was mache ich, wenn der Journalist eine Frage stellt, zu der ich ihm schon im Vorgespräch gesagt hatte, dass ich Sie nicht beantworten werde.

Auf jeden Fall sollten Sie diese Möglichkeit vorbereitet haben. Die Grundregel bleibt, dass Sie eine Antwort immer verweigern können, wenn Sie eine Begründung dazu geben können, die für das Publikum nachvollziehbar ist. Das empfehlen wir auch in dieser Situation. Allenfalls können Sie durchaus transparent machen, dass Sie im Vorfeld schon gesagt hatten, dass Sie diese Frage nicht beantworten können.

Beispiel:

«Sie planen 250 neue Wohnungen. Wie hoch werden die Mietpreise sein?»

«Frau Bär, ich kann Ihnen nur dasselbe sagen wie schon in unserem Vorgespräch: Diese Frage kann ich nicht beantworten. Der Grund ist ein einfacher: Wir wissen selbst zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht, wie hoch die Mietpreise in drei Jahren sein werden. Und ich will hier nichts aussagen, das sich in drei Jahren dann als falsch erweist.»  

Bereit, das mal vor einer Kamera zu üben?

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