Beispiel-Auftritte
Die Ewigen-Bestenliste der bemerkenswertesten Medienauftritte
Auf dieser Seite tragen besonders aufsehenerregende Medienauftritte der TV-Geschichte zusammen und analysieren, was wohl schief gegangen war.
17. April 2024
«Unfassbar peinlich»: Die Redeschwäche der Annalena Baerbock
Ausgangslage
Es gibt kaum ein anderes Ministeramt, im dem die Wahl der richtigen Worte so wichtig ist wie im Aussenministerium. «Sprache ist eine Waffe», soll Kurt Tucholsky einmal gesagt haben. Die Worte von Magistraten können über Krieg und Frieden entscheiden. Diplomaten lernen jahrelang die Finessen im sprachlichen Umgang mit den Repräsentanten anderer Staaten. Da mutet es dann durchaus etwas speziell an, dass sich Deutschland mit der Ampelregierung seit 2021 eine Aussenministerin leistet, die immer wieder mit rhetorischen Fehltritten auffällt.
Am Samstag, den 13. April 2024 greift der Iran Israel an als Vergeltungsaktion für den mutmasslichen isrealischen Beschuss der iranischen Botschaft in Damaskus. Baerbock reist in der Folge nach Israel und von dort weiter nach Capri zu einem Aussenminister-Treffen der G7-Staaten. Von dort gewährt Sie den TAGESTHEMEN der ARD ein Interview.
Analyse
Baerbock wirkt in dem Interview fahrig, sie schafft kaum einen Satz ohne gravierende Fehler. Statt vom 11. September spricht sie vom 9. September, statt von einem präzendenzlosen von einem präsidenslosen Angriff des Irans, dem «am meisten sanktionierten Sanktionsregime», Israel habe einen Defensieg (statt Defensiv-Sieg) erzielt gegen das «Massenvernichtung-sregime», usw.
Es wurde schon oft diskutiert, ob die rhetorischen Aussetzer Baerbocks eine pathologische Ursache haben könnten. Beobachter verweisen darauf, dass Baerbock als Jung-Politikerin in früheren Reden deutlich besser war.
Als vorläufiger Befund bleibt aber vorderhand primär der Verdacht, dass Baerbock in hrer Rolle schlicht überfordert ist und die regelmässige Kritik an ihrer Rhetorik sie möglicherweise dermassen traumatisiert hat, dass sie sich nur noch mehr Druck macht – und dadurch immer wieder aufs Neue scheitert.
28. November 2013
Sigmar Gabriel fetzt sich mit Marietta Slomka
Ausgangslage
Nach den Bundestagswahlen in Deutschland überlegt die SPD, mit der CDU/CSU eine grosse Koalition einzugehen. Dazu führt sie eine Basisbefragung der Parteimitglieder durch. Im Interview des ZDF HEUTE JOURNAL stellt Moderatorin Marietta Slomka einige kritische Fragen dazu, der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wird mit fortschreitender Gesprächsdauer immer ungehaltener.
Analyse
Es ist die Aufgabe von Medienschaffenden, kritische Fragen zu stellen. Slomka macht deshalb nichts anderes als ihren Job, auch wenn die Kritik an dem Vorgehen der SPD tatsächlich mit gesundem Menschenverstand nicht nachzuvollziehen ist. Umso einfacher sollte es in dieser Situation für Gabriel sein, seine Botschaft durchzubringen und damit hohe Zustimmungs- und Sympathieraten zu erzielen.
Durch seine zunehmend aggressive Art vergibt sich Gabriel die Chance komplett. Statt dass er 99 Prozent der Zuschauerinnen und Zuschauer auf seine Seite bringt, sind die Meinungen am Ende geteilt: Die Hälfte findet Slomka zu aggressiv, die andere Hälfte fand, ein Spitzenpolitiker wie Gabriel müsste auch bei kritischen Fragen gelassen bleiben können.
10. Februar 2009
SRF-Laeri stellt Kurer mit simplen Recherchefragen bloss
Ausgangslage
Die UBS präsentiert am diesem Jahr ihr Jahresergebnis. Die Berichterstattung fällt in eine Zeit, in welcher die Grossbank mit Bundesmitteln von CHF 60 Mia. vor dem Untergang gerettet werden musste. Weiterherum ist das Unverständnis darüber gross, dass die Grossbanken Management und Mitarbeitenden Millionengehälter zahlen und exorbitante Boni ausrichten, die Bank gleichzeitig aber vom Steuerzahler vor dem Untergang bewahrt werden muss.
Analyse
Im Interview wirkt UBS-Präsident Peter Kurer völlig unvorbereitet. Ganz offensichtlich hat er keinen Plan, wie er die hohen Löhne der Bankangestellten erklären, geschweige denn rechtfertigen könnte. Dabei sind die meisten Fragen der Journalistin simple Recherche-Fragen, beispielsweise nach dem Durchschnittslohn eines Angestellten. Das Fazit ist klar: Wer sich nicht wie Kurer bis auf die Knochen blamieren will, geht nie unvorbereitet und ohne Vorgespräch in ein Interview.
31. Januar 2013
Mal eben schnell einspringen? – Besser nicht
Ausgangslage
Im März 2012 kommen bei einem schweren Carunfall in einem Tunnel in Siders VS viele Kinder ums Leben. Ein Jahr später entwickelt sich eine Kontroverse um den Einsatz der Blaulichtorganisationen, weil von den Offiziellen verschiedene Zahlen herumgeboten werden, wann das Unglück geschah und wie lange die Einsatzkräfte brauchten, bis sie vor Ort waren. Rund ein Jahr später nimmt der stellvertretende Polizeikommandant des Kantons Wallis in einem Duplex-Interview Stellung.
Analyse
Kommandant-Stellvertreter Steiner ist der falsche Mann für diesen Auftritt. Zum einen ist die Polizei nicht mehr zuständig, sondern die Staatsanwaltschaft. Dieser ist allerdings französisch-sprachig, mutmasslich musste Steiner deshalb für ihn einspringen.
Und redete sich prompt um Kopf und Kragen, weil er auf die zu erwartenden Fragen nicht vorbereitet war. Der Auftritt hat den Walliser Behörden nicht geholfen.Die Behörden kommunizieren so unprofessionell, dass sich die Frage stellt, ob sie in ihrem Kerngeschäft, der Aufklärung der Umstände des Unfalls, genau so unbeholfen vorgehen.
Wichtig auch: Das Format dieses Interviews, eine «Duplex-Schaltung», ist eines der schwierigsten: Der Interviewgast ist gehalten, konstant direkt in die Kamera zu schauen, was ohne entsprechendes Training gar nicht so einfach ist.
14. Januar 2014
Gian Franco Kasper: Entwaffnende Ehrlichkeit als Strategie
Ausgangslage
Unmittelbar vor dem Start der Olympischen Winterspiele in Sotschi (RU) ist Gian Franco Kasper, FIS-Präsident und Schweizer Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees, Gast in der RUNDSCHAU des SCHWEIZER FERNSEHEN. Eine der Fragen ist die nach der Korruption in Russland.
Analyse
Gian Franco Kasper packt den Stier bei den Hörern, versucht gar nicht erst abzustreiten, dass Korruption bei den Spielen in Sotschi wohl vorkommt, im Umfang von wahrscheinlich etwa 30 Prozent, wie er sagt. Seine entwaffnende Offenheit dürfte Moderator Sandro Brotz überrascht und aus dem Konzept gebracht haben – eine so offene Antwort hatte er bestimmt nicht erwartet. Wie es später hiess, war der russische Präsident Putin ob der Aussage Kaspers nicht eben erfreut, Kasper konnte sich die klare Aussage aber leisten.
27. März 2013
«Sind Sie eigentlich vom Aff bisse?»
Ausgangslage
In der RUNDSCHAU werden dem damaligen SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli verschiedene Vorwürfe gemacht. So soll er als Professor des medizinhistorischen Instituts für Dissertationen zu einfache Aufgaben gestellt haben. Gleichzeitig berichtet allerdings ein anonymer ehemaliger Doktorant, er habe die Aufgabenstellung nicht alleine lösen können und deshalb einen «Ghostwriter» für seine Doktorarbeit engagiert. Der Beitrag fällt in eine Zeit, in der es am medizinhistorischen Institut drunter und drüber geht und regelmässig Akten an die Medien durchgestossen werden.
Analyse
Christoph Mörgeli ist offensichtlich ausser sich, als nach dem tendenziösen Einführungsfilm sein Interview startet. Er geht sofort zum Gegenangriff über und attackiert vom TV-Journalisten über seinen Vorgesetzten, seine Kolleginnen und Kollegen am Institut bis zu einer Professorin, die Plagiaten nachgeht alle, die in oder um den Beitrag irgendeine Rolle spielen.
Damit holt sich Mörgeli allerdings keine Sympathiepunkte, sondern positioniert sich als das Opfer einer Verschwörungstheorie, die ihm das Publikum allerdings nicht abnimmt. – Und das, obwohl er tatsächlich sehr gute Argumente gehabt hätte, die er aber gar nicht anzubringen vermag, weil er emotional viel zu engagiert ist.
Erkenntnis: Die Contence zu wahren ist in solchen Situation der Schlüssel zum Erfolg.