Die Seuche mit den Ferienposts
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Ferienbildli auf Instagram posten? Als Werberin die eigenen nackten Füsse vor dem Mittelmeer in Szene setzen? Oder gar noch in Badehose die perfekte A…bombe in den Swimming Pool des Sheraton 5-Star publizistisch auswerten? Auch Ferienposts sind imagebildend und tragen zu Ihrer Repräsentation bei – sie gezielt einzusetzen, unterscheidet den Profi vom Amateur.
Es ist Sommerzeit. Über Wochen werden Sie wieder täglich auf ihrem Facebook-Stream und über Ihren Instagram-Account die Ferienbildli sehen von Mitarbeitern, Vorgesetzten, CEOs, Lieferanten, Beratern, Experten, und diejenigen von A-, B- und C-Promis und sogenannten „Influencern“ werden je nach Umfang der gezeigten nackten Haut auch in die klassischen Medienkanäle überschwappen. Während die letztere Kategorie ihre Posts sehr wohl mit Bedacht absetzt, hinterlassen viele dieser Ferienposts nicht den Eindruck, dass sie sehr strategisch publiziert werden. – Ein Fehler, wie wir finden.
Alles ist Botschaft
Wer Ferienbildli publiziert, sendet damit unweigerlich eine Botschaft aus – und meist mehr als eine. Das Vier-Ohren-Modell von Schulz von Thun illustriert das eindrücklich. Das Ferienbild von der Yacht vor Saint Tropez ist mehr als die Aussage: Ich verbringe meine Ferien auf einem Schiff in Südfrankreich. Es transportiert auf der Beziehungsebene gegenüber den meisten Leser/innen vermutlich auch die Aussage: „Ich kann mir mehr leisten als Du“, oder „Jetzt schau mal, was ich mir aus Deinen Beratungshonoraren leisten kann.“
Damit wir uns richtig verstehen: Es muss nicht falsch sein, ein solches Signal zu setzen: Wer sich konsequent als Branchenleader in Szene setzt und regelmässig ein „Produkt“ abliefert, dass dieser Positionierung entspricht, darf sich auch so inszenieren. Entscheidend ist, dass die Inszenierung bewusst erfolgt und nicht aus Gedankenlosigkeit. So kann ein Bild eines CEOs mit zwei Gläsern und einer teuren Flasche Wein schon zuviel des Guten sein, wenn er in seinem Unternehmen eben erst einem Dutzend Mitarbeitern gekündigt hatte, weil die Fixkosten gesenkt werden müssen.
Weniger ist mehr
In solchen Situationen gilt die traditionelle Regel, die zuletzt im Social Media-Boom bei vielen etwas zu sehr in den Hintergrund getreten ist: Weniger ist mehr. Die grünliberale Aktivistin, in deren Facebook-Newsline jeden Monat Bilder von Reisen auf weit entfernte Kontinente zu betrachten sind (auch wenn der Kulturtripp sie nach Guatemala oder Peru und nach Kambodscha geführt hat), passt genau so wenig zur eigenen Positionierung wie der Post des Polit-Lobbyisten, der für teures Geld die Interessen einer grossen öffentlich-rechtlichen Organisation vertritt und dann postet, wie toll er die 1. August-Rede fand – gehalten vom VR-Präsidenten eben dieser Organisation.
Auch das, früher nannte man es „Schleichwerbung“, mutet im persönlichen Newsfeed auf Social Media peinlich an – vorallem, wenn die Interessenbindung nicht offengelegt wird.
Ganz auf Ferienposts verzichten?
Zumindest empfehlen wir, in der Euphorie über die tollen Ferienerlebnisse kurz innezuhalten und sich zu überlegen, für welchen Kreis von Empfänger/innen die Feriennews nun tatsächlich von Relevanz sind. – Und welche es sind. Vielleicht lesen Sie ja in Ihren Ferien ein faszinierendes Buch, dessen drei Kerngedanken Sie so wertvoll finden, dass Sie sie teilen möchten? Vielleicht entdecken Sie in Ihrer Position als Gourmetkritiker in den Ferien zufällig ein Lokal, das sie völlig überracht? Als Medientrainer werden Sie in Ihrem Ferienland Zeuge eines beispielhaften TV-Interviews des Premierministers? Oder Sie entdecken als Autoverkäufer ein Oldtimer-Museum, das in Tourismusführern kaum gewürdigt wird, aber viel mehr Besucher/innen verdienen würde? Keine Frage, in solchen Fällen spricht nichts gegen einen Post.
Ganz allgemein empfehlen wir, vor jedem Post die drei folgenden Fragen zu beantworten – und schliesslich erst zu publizieren, wenn Sie mindestens zwei davon mit einem „Ja“ beantworten können:
- Hat mein Post für andere etwas Inspirierendes?
- Betrifft der Post meine Expertise?
- Entspricht der Post meiner Positionierung (als Unternehmer, als Führungskraft, als Experte in einem Themenfeld)?
Was wir sehen wollen – und was nicht
Die Erinnerung ist immer noch sehr wach, wenn auch schon Jahre her. Die Werbeleiterin, durchaus mit einem Flair für die Selbstinszenierung ausgestattet, schickt eines dieser Bilder um die Welt, das ihre eigenen Füsse vor dem Strand XY zeigt. Alles gut – ausser dass das Bild zwei klinische Halux-Zehen zeigen, die sich auch in einer medizinischen Dokumentation gut gemacht hätten und wohl einem fortgeschrittenen Deformationsstadium entsprachen. Der Halux ist mir in Erinnerung geblieben, dass die Gute ihre Ferien in Saint Tropez verbracht hatte – dem Mekka für eine Schicht von neureichen Aufsteiger/innen, hatte ich schon längst vergessen und musste ich für diesen Post noch einmal recherchieren.
Das Beispiel bringt uns zur Kernfrage: Welche Körperteile muss ich von meinem Geschäftskontakten kennen – und insbesondere: welche von ihnen muss ich nackt kennen?
Ich schätze: bei den meisten ist es mit dem Gesicht getan, die Hände – die witzigerweise kaum je inszeniert werden in Ferienbildern – gehören wohl ebenfalls zum ordentlichen Geschäftsumgang dazu. Mehr aber ist in den meisten Branchen wohl weder nötig noch angemessen. Interessanterweise sind die meisten der Menschen, die auf ihren Ferienbildern freizügig posieren, im direkten Kontakt wesentlich zurückhaltender. Viele der Herren, die sich auf ihren Ferienposts beim Kopfsprung in den Pool zeigen, tragen im direkten Kontakt auch im Hochsommer Langarmhemden. Und die Damen sind sich selbstverständlich bewusst, dass die Füsse auch in der warmen Zeit in geschlossene Schuhe gehören – zumindest im direkten Umgang. Warum dieselben Personen auf ihren Ferienbildli dann alle Regeln über Bord werfen?
Private Gruppen einrichten
Wohlverstanden, es ist nichts dagegen einzuwenden, der Familie und engen Freunden über die modernen Kommunikationsmittel zu zeigen, wie toll die Ferien auch dieses Jahr wieder geworden sind. Der Schlüssel ist, dafür Gruppen einzurichten in den verschiedenen Social Media, und die erwähnten privaten Bilder nur der Gruppe derjenigen Kontakte zu offenbaren, die man als Freunde und Familie definiert hat. Das funktioniert in Facebook genau so wie in Instragram, wo es darüber hinaus die Möglichkeit gibt, ein Konto auf „privat“ zu schalten. Eine Person, die einem folgen will, muss dann erst freigegeben werden, bevor sie die Bilder sehen darf.
Auch damit haben Sie Gewähr, dass Sie nach ihren Ferien in ihrem beruflichen Umfeld immer noch als professionell wahrgenommen und nicht Ihre Badehose oder Ihr Sonnenbrand das Thema des nächsten Geschäftsessens wird.
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