Die regelmässige Bündner RAssismus-Keule

Schon wieder!

Die professionellen Empörer haben wieder einmal Konjunktur, nachdem in Davos am Wochenende ein Schild eines Schlittenvermieters in hebräischer Sprache entdeckt wurde, auf dem dieser ankündigt, Juden nach schlechten Erfahrungen keine Schlitten mehr zu vermieten.

Das Boulevardblatt BLICK aus dem Hause Ringier bestraft den Pächter der Schlittenvermietung mit der Höchststrafe und publiziert innerhalb zweier Tage in seiner Online-Ausgabe nicht weniger als 9 Geschichten zu dem Thema.

Sie sollten es eigentlich wissen

Kritik am Verhalten (insbesondere orthodoxer) Juden ist im Bündnerland kein neues Phänomen. Man erinnert sich an eine Unterkunft in Arosa, in welcher auf einem Plakat, gerichtet «an unsere jüdischen Gäste», erinnert wurde, dass vor dem Schwimmen im Pool erwartet werde, dass man sich dusche. Ansonsten werde das Bad für die jüdischen Gäste geschlossen. Das war 2017. Und der Aufschrei gross.

Im letzten Sommer wird einer jüdischen Familie in Parpan eine Unterkunft verweigert. Man habe in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht mit Schäden an den Häusern. Wieder ist das Entsetzen gross, in den Medien wird die Rassismuskeule geschwungen, mit erheblichen Imageschäden für die Feriendestination.

Das ist auch beim jüngsten Vorfall nicht anders. Der BLICK kennt, wie immer bei dem Thema, kein Halten mehr. Ob er damit der Sache dient, bleibt dahingestellt. Auf Social Media beklagen empörte Gutmenschen den schlimmen Rassismus, andere erzählen von eigenen negativen Erfahrungen mit jüdischen Mitmenschen. Erboste Juden reichen Strafanzeige ein, etwas besonnenere versuchen zu erklären, dass sich womöglich auch andere Menschen immer nur korrekt verhielten, aber oftmals wohl einfach weniger wahrgenommen würden, weil sie äusserlich nicht aufflielen. Der lokale Vertreter der Tourismusbranche versucht, das Problem auf «einige wenige» auf beiden Seiten des Konflikts zu beschränken, der Vertreter der kantonalen Tourismusbranche nutzt die Chance, um den Seinen wieder mal die Kutteln zu putzen und sie daran zu erinnern, was Gastfreundschaft sei.

Der Davoser Tourismus-Direktor reto Brantschi

«Die Schwierigkeiten mit einem kleinen Teil der orthodoxen jüdischen Gäste sind leider eine Tatsache, Das Problem hat zwei Seiten und schwelt seit Jahren.»

Grosses Geheul, und dann?

Die mediale Empörungsbewirtschaftung lauft also im 6. Gang  – mit zugeschaltetem Turbo. Wie das heutzutage üblich ist. Die Staatsanwaltschaft wird eine Unter-suchung durchführen und mutmasslich einen Strafbefehl ausstellen, was den Missmut gegenüber der Gästegruppe, man ahnt es, wohl kaum verringern wird.

Was ist in einer solchen Lage aus kommunikativer Sicht zu raten? – Tatsächlich: Es ist schwierig. Der fehlbare Schlittenvermieter hat sich in den Medien entschuldigt, der kantonale Tourismusvertreter lässt medial ausrichten, er nehme ihm die Entschuldigung nicht ab. Man redet übereinander, aber nicht miteinander.

Da ist aktuell also in Sachen Kommunikation wenig auszurichten. In solchen Situation ist der Rat, einfach einmal zu schweigen, oft der Beste.

Nur so kehrt – früher oder später – Ruhe ein. Die Shitstorms flachen ab, und andere Themen mit höherer Dringlichkeit verhindern, dass all‘ die Massnahmen wie Mediationen oder Task Forces, die in der Hitze des Gefechts in Aussicht gestellt wurden, tatsächlich durchgeführt werden. Zudem plagt das Alltagsgeschäft, das, allen Unkenrufen zum Trotz, trotz dem Skandal nicht gelitten hat und auch die Anzahl Logiernächte nicht ins Bodenlose fallen liess.

Daran erinnern wird man sich erst, wenn der nächste Fall publik wird und ein Journalist nachfragt, was eigentlich aus den damaligen Versprechen geworden ist.

Und dann wird wieder alles von vorne losgehen. Als ob es die Rassismusskandale einfach in einem gewissen Rhythmus bräuchte, um sich allseitig wieder einmal ordentlich empören zu können.

 

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