Beispiel-Auftritte

Die Ewigen-Bestenliste der bemerkenswertesten Medienauftritte

Auf dieser Seite tragen besonders aufsehenerregende Medienauftritte der TV-Geschichte zusammen und analysieren, was wohl schief gegangen war.

28. November 2013

Sigmar Gabriel fetzt sich mit Marietta Slomka

Ausgangslage

Nach den Bundestagswahlen in Deutschland überlegt die SPD, mit der CDU/CSU eine grosse Koalition einzugehen. Dazu führt sie eine Basisbefragung der Parteimitglieder durch. Im Interview des ZDF HEUTE JOURNAL stellt Moderatorin Marietta Slomka einige kritische Fragen dazu, der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wird mit fortschreitender Gesprächsdauer immer ungehaltener.

Analyse

Es ist die Aufgabe von Medienschaffenden, kritische Fragen zu stellen. Slomka macht deshalb nichts anderes als ihren Job, auch wenn die Kritik an dem Vorgehen der SPD tatsächlich mit gesundem Menschenverstand nicht nachzuvollziehen ist. Umso einfacher sollte es in dieser Situation für Gabriel sein, seine Botschaft durchzubringen und damit hohe Zustimmungs- und Sympathieraten zu erzielen.

Durch seine zunehmend aggressive Art vergibt sich Gabriel die Chance komplett. Statt dass er 99 Prozent der Zuschauerinnen und Zuschauer auf seine Seite bringt, sind die Meinungen am Ende geteilt: Die Hälfte findet Slomka zu aggressiv, die andere Hälfte fand, ein Spitzenpolitiker wie Gabriel müsste auch bei kritischen Fragen gelassen bleiben können.

10.2.2009

SRF-Laeri stellt Kurer mit simplen Recherchefragen bloss

Ausgangslage

Die UBS präsentiert am diesem Jahr ihr Jahresergebnis. Die Berichterstattung fällt in eine Zeit, in welcher die Grossbank mit Bundesmitteln von CHF 60 Mia. vor dem Untergang gerettet werden musste. Weiterherum ist das Unverständnis darüber gross, dass die Grossbanken Management und Mitarbeitenden Millionengehälter zahlen und exorbitante Boni ausrichten, die Bank gleichzeitig aber vom Steuerzahler vor dem Untergang bewahrt werden muss.

Analyse

Im Interview  wirkt UBS-Präsident Peter Kurer völlig unvorbereitet. Ganz offensichtlich hat er keinen Plan, wie er die hohen Löhne der Bankangestellten erklären, geschweige denn rechtfertigen könnte. Dabei sind die meisten Fragen der Journalistin simple Recherche-Fragen, beispielsweise nach dem Durchschnittslohn eines Angestellten. Das Fazit ist klar: Wer sich nicht wie Kurer bis auf die Knochen blamieren will, geht nie unvorbereitet und ohne Vorgespräch in ein Interview.

31. Januar 2013

Mal eben schnell einspringen? – Besser nicht

Ausgangslage

Im März 2012 kommen bei einem schweren Carunfall in einem Tunnel in Siders VS viele Kinder ums Leben. Ein Jahr später entwickelt sich eine Kontroverse um den Einsatz der Blaulichtorganisationen, weil von den Offiziellen verschiedene Zahlen herumgeboten werden, wann das Unglück geschah und wie lange die Einsatzkräfte brauchten, bis sie vor Ort waren. Rund ein Jahr später nimmt der stellvertretende Polizeikommandant des Kantons Wallis in einem Duplex-Interview Stellung.

Analyse

Kommandant-Stellvertreter Steiner ist der falsche Mann für diesen Auftritt. Zum einen ist die Polizei nicht mehr zuständig, sondern die Staatsanwaltschaft. Dieser ist allerdings französisch-sprachig, mutmasslich musste Steiner deshalb für ihn einspringen.

Und redete sich prompt um Kopf und Kragen, weil er auf die zu erwartenden Fragen nicht vorbereitet war. Der Auftritt hat den Walliser Behörden nicht geholfen.Die Behörden kommunizieren so unprofessionell, dass sich die Frage stellt, ob sie in ihrem Kerngeschäft, der Aufklärung der Umstände des Unfalls, genau so unbeholfen vorgehen.

Wichtig auch: Das Format dieses Interviews, eine «Duplex-Schaltung», ist eines der schwierigsten: Der Interviewgast ist gehalten, konstant direkt in die Kamera zu schauen, was ohne entsprechendes Training gar nicht so einfach ist.

14.1.2014

Gian Franco Kasper: Entwaffnende Ehrlichkeit als Strategie

Ausgangslage

Unmittelbar vor dem Start der Olympischen Winterspiele in Sotschi (RU) ist Gian Franco Kasper, FIS-Präsident und Schweizer Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees, Gast in der RUNDSCHAU des SCHWEIZER FERNSEHEN. Eine der Fragen ist die nach der Korruption in Russland.

Analyse

Gian Franco Kasper packt den Stier bei den Hörern, versucht gar nicht erst abzustreiten, dass Korruption bei den Spielen in Sotschi wohl vorkommt, im Umfang von wahrscheinlich etwa 30 Prozent, wie er sagt. Seine entwaffnende Offenheit dürfte Moderator Sandro Brotz überrascht und aus dem Konzept gebracht haben – eine so offene Antwort hatte er bestimmt nicht erwartet. Wie es später hiess, war der russische Präsident Putin ob der Aussage Kaspers nicht eben erfreut, Kasper konnte sich die klare Aussage aber leisten.

27. März 2013

«Sind Sie eigentlich vom Aff bisse?»

Ausgangslage

In der RUNDSCHAU werden dem damaligen SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli verschiedene Vorwürfe gemacht. So soll er als Professor des medizinhistorischen Instituts für Dissertationen zu einfache Aufgaben gestellt haben. Gleichzeitig berichtet allerdings ein anonymer ehemaliger Doktorant, er habe die Aufgabenstellung nicht alleine lösen können und deshalb einen «Ghostwriter» für seine Doktorarbeit engagiert. Der Beitrag fällt in eine Zeit, in der es am medizinhistorischen Institut drunter und drüber geht und regelmässig Akten an die Medien durchgestossen werden.

Analyse

Christoph Mörgeli ist offensichtlich ausser sich, als nach dem tendenziösen Einführungsfilm sein Interview startet. Er geht sofort zum Gegenangriff über und attackiert vom TV-Journalisten über seinen Vorgesetzten, seine Kolleginnen und Kollegen am Institut bis zu einer Professorin, die Plagiaten nachgeht alle, die in oder um den Beitrag irgendeine Rolle spielen.

Damit holt sich Mörgeli allerdings keine Sympathiepunkte, sondern positioniert sich als das Opfer einer Verschwörungstheorie, die ihm das Publikum allerdings nicht abnimmt. – Und das, obwohl er tatsächlich sehr gute Argumente gehabt hätte, die er aber gar nicht anzubringen vermag, weil er emotional viel zu engagiert ist.

Erkenntnis: Die Contence zu wahren ist in solchen Situation der Schlüssel zum Erfolg.