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Dies ist kein Plädoyer für die No-Billag-Initiative. Es ist auch keines gegen sie. Das ist ein Plädoyer für mehr Sachgerechtigkeit in einer Debatte, in der von beiden Seiten Behauptungen aufgestellt werden, die nicht haltbar sind.
Beispiel Unabhängigkeit. Die SRG-Lobbyisten werden nicht müde zu behaupten, nur das öffentlich-rechtliche Radio und Fernsehen sei in der Lage, unabhängigen und Qualitätsjournalismus zu betreiben. Wirklich? Die SRG erhält ihre Mittel aus zwei Quellen: Werbung und Gebührengelder. Die Höhe der Gebührengelder legt der Bundesrat fest, das Parlament setzt den Rahmen oder kann per Gesetzesbeschluss Einfluss nehmen – zum Beispiel hätte es als Gegenvorschlag zur No-Billag-Initiative die Gebührenhöhe auf 200 Franken pro Jahr festlegen können – hat es aber nicht. Mit anderen Worten: Die SRG ist sehr wohl von der Politik abhängig und insbesondere vom Bundesrat. Natürlich haben die SRG-Lobbyisten Recht, wenn sie behaupten, dass Politiker/innen gemäss Gesetz keinen Einfluss auf die Programme nehmen dürfen.
Was sie verschweigen: Sie versuchen es selbstverständlich trotzdem. Ich mag mich persönlich gut erinnern, wie mir ein ehemaliger St. Galler CVP-Ständerat drohte, ich war damals Chefredaktor bei Tele Ostschweiz, falls ich ihn nicht einladen würde, um in einer Debatte gegen Christoph Blocher als Kontrahend eingeladen zu werden. Ein Naivling, wer glaubt, dass solche Einflussversuche, wenn sie schon bei einem kleinen Regional-Fernsehen passieren, nicht auch bei der SRG vorkommen würden. – Wir hatten damals übrigens dem CVP-Ständerat dankend abgesagt und beschieden, wir würden uns nicht erpressen lassen.
Sind die SRG-Medien unabhängig von der Werbewirtschaft? Natürlich nicht. Würden beispielsweise die Sponsoren von grossen Sportereignissen aussteigen, wären diese noch viel schwieriger zu refinanzieren als heute schon.
Nehmen also diese Wirtschaftsgrössen direkt Einfluss auf das Programm, indem sie Werbegelder mit dem Verzicht auf eine kritische Berichterstattung verknüpfen? Offiziell wissen wir es nicht, denn selbstverständlich werden solche Vorgänge nicht offen kommuniziert. Heisst das, dass es sie deswegen nicht gibt? Wohl kaum.
Schlimmer aber noch als diese ganz direkten Versuche der Einflussnahme ist die „Schere im Kopf“. Mit anderen Worten: Der vorauseilende Gehorsam. Die Medienschaffenden berichten lieber nicht allzu kritisch, wenn es um Bundesratsgeschäfte gibt. Oder solche von grossen Werbekunden. Ein schönes Beispiel sind die ganzen Dating-Portale, die ganz offensichtlich fragwürdige Geschäftspraktiken haben. Wird darüber berichtet, werden die Geschäftspraktiken hinterfragt? Nein. Schliesslich geht es um grosse Werbekunden, denn kaum ein Werbeblock, in dem nicht Parship, Elitepartner, be2 oder wie sie alle heissen, ihre Spots schalten.
Ich streite regelmässig gepflegt mit Kolleg/innen, ob die unkritische Berichterstattung deshalb passiert, weil es keine Medienschaffenden mehr gibt, welche die Kompetenz und gelernt haben, was es heisst, eine kritische Distanz zu haben und kritische Fragen zu stellen. Oder ob sie einfach entsprechend sozialisiert sind auf den Redaktionen.
So oder so ist es nicht, was wir von einem unabhängigen Medienhaus erwarten dürf(t)en. Es gibt zu dieser Frage übrigens auch eine interessante wissenschaftliche Arbeit, die meine These belegt.
Falls Sie sich jetzt fragen: wie sollte man denn die Stellschrauben stellen, um die Unabhängigkeit der SRG zu stärken? Ich habe die goldene Lösung auch nicht. Das ist aber auch nicht mein Punkt. Sondern lediglich der, dass nicht behauptet werden sollte, was nicht stimmt. Die SRG ist genau so abhängig wie andere Medien. Vielleicht weniger von den Inserenten (im Vergleich zu den privaten Medienprodukten), aber dafür wesentlich mehr von der Politik.
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