SRF: Transparenz ist anders

«SRF veröffentlicht sämtliche Sendungskosten» titeln heute verschiedene online-Portale. Das wäre eine erfreuliche Entwicklung. Bislang ist die SRG eine Blackbox, was ihr Finanzgebahren angeht. Und das ist unerträglich, in einer Zeit, in der die öffentliche Verwaltung das Öffentlichkeitsprinzip etabliert hat und (auch die SRG-) Journalisten bei allen denkbaren und undenkbaren Themen nach vollständiger Transparenz verlangen.

Wer sich dann allerdings das gebotene vor Augen führt, reibt sich die Augen und stellt schnell fest: Der Titel in der Presse ist eine Lüge. Da werden die grossen Unterhaltungssendungen mit einem Durchschnittspreis von CHF 807’000 bepreist. Wie sich die Kosten zusammensetzen, wird nicht erläutert. Insbesondere wäre beispielsweise die Frage interessant, wieviel Lizenzgebühren SRF für Formate wie VOICE OF SWITZERLAND dafür abdrückt, dass die Kreativabteilung am Leutschenbach nicht in der Lage ist, sich selbst ein spannendes Unterhaltungsformat auszudenken, sondern Konzepte «ab der Stange» einkaufen muss.

Auch im Informationsbereich schleicht sich SRF billig aus der Verantwortung. Die TAGESSCHAU wird mit allen Ausgaben pro Jahr mit CHF 23,9 Mio ausgewiesen – die einzelnen Ausgaben werden nicht weiter spezifiziert. Zu 10VOR10, SCHWEIZ AKTUELL, BÖRSE, METEO und der sehr umstrittenen Sendung GLANZ & GLORIA macht SRF überhaupt keine Angabe.

Schliesslich der Sport. Hier werden lediglich die direkten Kosten der einzelnen Formate SPORTPANORAMA, SPORTLOUNGE und SPORT AKTUELL ausgewiesen. Zu den Sportrechten, welche hier den grossen Kostenblock bilden, macht SRF keine Aussage. – Dabei wäre es gerade hier wichtig und interessant für die Öffentlichkeit, zu erfahren, wieviel die SRG in diesem Bereich ausgibt.

Fazit: Die sogenannte Transparenz von SRF in dieser Form ist ein völliger Witz.

Die Schlussfolgerung ist schnell gemacht: Die Verantwortlichen von SRF haben ganz offensichtlich viel zu verstecken. Und das kann wohl nur heissen, dass sie massiven Druck befürchten, weil sie wissen, dass sie die Kosten nicht rechtfertigen können. Da hilft nur eines: Auch die SRG ist über die Konzession oder das Gesetz explizit dem Öffentlichkeitsprinzip zu unterstellen, mit der Verpflichtung, eine Kostenrechnung zu den einzelnen Sendungen zu führen, aus der bestimmte Kennzahlen (wie z.B. kalkulatorische Gesamtkosten einer einzelnen Ausgabe, Kosten pro Sendeminute, etc.) auszuweisen sind. Alles andere ist einem Betrieb, der von jedem einzelnen mit Wohnsitz in der Schweiz finanziert wird, unwürdig.

VW und die Vertrauensfrage

Viel wird gegenwärtig geschrieben über den Abgasskandal von VW in den USA. Und wie VW darauf kommunikativ reagieren sollte. Allenthalben wird festgehalten, dass die Krise zu einem Vertrauensverlust geführt habe, den wieder aufzuholen Jahrzehnte dauern dürfte.

Ich bin da nicht so skeptisch. Zunächst gilt es zu fragen: Warum ist das Vertrauen, warum ist eine positive Reputation für ein Unternehmen generell wichtig? Ich orientiere mich an einem pragmatischen Ansatz: Eine positive Reputation oder eine Marke, in die das Publikum vertraut, sollte für ein Unternehmen kein Selbstzweck sein. Eine positive Reputation soll zunächst und zu allererst dazu beitragen, dass das eigene Produkt vom Kunden gekauft wird. Warum fahre ich z.B. noch keinen Tesla? Weil ich das Vertrauen in die Firma nicht habe, dass sie auch in fünf Jahren den Unterhalt meines Fahrzeugs noch wird gewährleisten können. Oder dass die Batterien, das zentrale Element ihres Produkts, die versprochenen Produkteigenschaften auch tatsächlich nach fünf Jahren noch richtig funktionieren.

Was heisst das für VW? Wieviele potentielle Autokäufer/innen werden sich von VW abwenden aufgrund des Skandals, der einen Motor betrifft, der heute nicht mehr verkauft wird? – Ich weiss es nicht, aber die Quartals-Verkaufszahlen werden uns hier sicherlich interessante Fakten liefern. VW hat das in seiner Krisenkommunikation natürlich erkannt, und schon in den ersten Communiqués und Verlautbarungen auf Social Media wie Facebook immer wieder betont, die aktuell im Verkaufsraum stehenden Modelle seien nicht betroffen.

Zweitens sind Reputation und Vertrauen notwendig, weil insbesondere an der Schnittstelle zu Behörden und Politik. Fehlverhalten wie das jetzt bei VW publik gewordene, können rasch zu regulatorischen Problemen können. Beispiele dafür sind die Verfügung vom ASTRA, dem Schweizer Bundesamt für Strassenverkehr, das umgehend eine Reihe von VW-Modell nicht mehr zur Immatrikulation in der Schweiz zulässt. Aber auch mittel- und längerfristig können Vertrauens- und Reputationsprobleme aufgrund von Skandalen zu regulatorischen Schwierigkeiten führen. So sahen sich die arrogant auftretenden Schweizer Banker nach den fast wöchentlich aufpoppenden neuen Skandalen aufgrund von eigenem Fehlverhalten schneller als befürchtet einem Wust von neuen Gesetzesvorschlägen gegenüber, welche das eigene Businessmodell massiv beeinträchtigen und die Rahmenbedingungen massiv verschlechtern.

Stellt sich die Frage, wie verloren gegangenes Vertrauen wieder hergestellt wird? Sicherlich kann die richtige Kommunikation dazu beitragen. Häufig allerdings wird fehlendes Vertrauen oder eine schlechte Reputation einzig als Kommunikationsproblem dargestellt. – Was schon im Kern falsch ist.

Vertrauen und Reputation wird im Kerngeschäft eines Unternehmens hergestellt. Durch gute professionelle Arbeit, durch ein Produkt, das den Versprechungen entspricht. Insbesondere also durch einen Kundenumgang auf Augenhöhe. Fairness ist das Stichwort. In Krisensituation entsteht Vertrauen dadurch, dass ein Unternehmen das Problem erkennt und professionell behebt. Kommunikation kann das begleiten, indem sie Transparenz schafft über diesen Prozess. Massgeblich bleiben aber glaubwürdige Entscheidungen und Massnahmen des Krisenstabs.

Helfen ganzseitige Inserate also, die angeschlagene Reputation von VW zu beheben? Wohl kaum. Gemessen wird VW nicht an ganzseitigen Inseraten, auch nicht an den Wortklaubereien, ob sich der Konzern jetzt «entschuldigt» oder lediglich «bedauert». Massgeblich wird sein, was VW tut.

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